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Archiv-Artikel

der geist von genf (3) Der Geist spielt ein Geisterspiel

Laut einer DFB-Pressemitteilung hat die deutsche Fußballauswahl mit 2:1 gegen Servette Genf gewonnen – angeblich

Der Geist von Genf ist ein scheues Wesen. Er versteckt sich gern. Wenn er Fußball spielt, dann meist unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Nur in einem blickdichten Stadion treibt er sein Unwesen. In der Arena von Servette Genf hat man sogar Sichtblenden installieren lassen. Acht große Bahnen weißen Stoffs hängen als überdimensionale Handtücher zwischen Dach und Oberrang, damit Späher von einem nahe gelegenen Hotel aus keine Chance haben, aufs Spielfeld zu schauen. „Ich habe schon irgendwie Verständnis dafür“, sagt Patrick Girod. „Bei denen geht es ja schließlich um einiges, da will man sich nicht gern in die Karten schauen lassen.“

Girod ist Profi von Servette Genf. Er ist dem Geist leibhaftig begegnet. Girod durfte ins Stadion, ja, sogar auf den Platz durfte der Schweizer. Der Geist ist ihm in Person von Miroslav Klose, Gerald Asamoah und Lukas Podolski erschienen. Gegen die Angreifer durfte der Innenverteidiger in einem Testspiel antreten. „Ein paar Duelle gegen Klose habe ich gewonnen“, berichtet Girod. Das Geisterspiel hat die deutsche Auswahl laut einer DFB-Pressemitteilung mit 2:1 gewonnen; Ballack traf angeblich mit einem Freistoß, Servette glich aus. Den Siegtreffer erzielte Asamoah. Girod bestätigt den Spielverlauf. Am Donnerstagabend durfte Servette noch einmal den Sparringspartner geben, diesmal die A-Jugend des Vereins. Am Samstag kann die ganze Fußballnation zuschauen, wenn die DFB-Auswahl gegen Luxemburg spielt. Der Geist kann auch anders. Weil es nicht so oft vorkommt, dass Servette auf den Titelaspiranten einer Fußball-Weltmeisterschaft trifft, wollte Girod sich etwas Bleibendes von diesem merkwürdigen Spiel, das nur siebzig Minuten dauerte, sichern.

Das Trikot von Klose sollte es sein. Doch Girod hatte Pech. Klose war längst verschwunden, als das Spiel abgepfiffen wurde. Autogramme hat Girod sich auch nicht geben lassen, schließlich ist er nicht irgendwer. Servette spielt zwar noch in der dritten Liga, hat aber den Aufstieg in die zweite Klasse geschafft. Und Girod ist ein echter Weltenbummler. In der zweiten US-Liga hat er schon gespielt. Einige Jahre wohnte er in New York.

„Wir dachten, wir würden mit vielen Toren untergehen“, sagt er, „aber das Spiel war dann doch knapper als erwartet.“ Die Deutschen müssten eben noch viel probieren und testen. An diesem schlappen Match solle man sie nicht messen, der Verlauf der WM sei entscheidend – und da traue er den scheuen Gästen einiges zu. Schade findet er es trotzdem, dass die Fans von Servette nicht ins Stadion durften, selbst der Präsident des Klubs musste draußen bleiben. „Es wäre gut für unser Image gewesen, wenn wir vor vollen Rängen gespielt hätten.“

Der Deutsche Fußball-Bund hat sich aber anders entschieden. Als Brüskierung empfindet Patrick Girod das trotzdem nicht. Die Deutschen wüssten schon, was sie täten. „Sie sind auf die WM fokussiert“, sagt er, „und wir sind auf das nächste Spiel in der Liga fokussiert.“ Das wird zur Abwechslung mal kein Geisterspiel sein. Fans werden da sein. Und das Leibchen seines Gegenspielers ist dann auch ganz leicht zu haben. MARKUS VÖLKER