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Archiv-Artikel

der bnd trägt keine mitschuld an den ausschreitungen im kosovo Überforderte Verwaltung

In Deutschland werden manche Debatten so aufgeregt geführt, dass dabei die Fakten übersehen werden. So auch im Fall Kosovo. Die Vorwürfe an den BND und das Verteidigungsministerium lauten, es habe frühzeitig Hinweise auf jene Ausschreitungen bekommen, die im März dieses Jahres 19 Menschenleben kosteten. Darüber hinaus soll mit Samedin Xhezairi gar ein Mann die Unruhen mit vorbereitet haben, der gleichzeitig als Informant in Diensten des BND stand.

Unpräzise bleibt in der Diskussion jedoch die Darstellung der Ereignisse. Warnungen, im Kosovo könne es vor dem 5. Jahrestag des Nato-Angriffs im März erneut zu Unruhen kommen, gab es von unterschiedlichen Beobachtern. Die ungelöste Frage, ob das Kosovo unabhängig werden solle oder nicht, sowie die damit verbundenen Wirtschaftsprobleme hatten die Unruhe in der albanischen Mehrheitsbevölkerung geschürt. Die geplanten und angekündigten Demonstrationen des Veteranenverbands der UÇK wollten diese Stimmung aufzeigen und der UN-Mission Beine machen. Dass daraus nach dem Tod von drei albanischen Kindern aber eine spontane Massenbewegung entstand, die dann von den Radikalen in ihre Richtung gelenkt werden konnte, war in diesem Ausmaß allerdings nicht abzusehen. Und dass der BND einen Doppelagenten möglicherweise falsch eingeschätzt hat, reicht allein noch nicht als Grund aus, die Verantwortung für die Ereignisse allein der deutschen Politik vor Ort in die Schuhe zu schieben.

Im Kosovo zeigt sich vielmehr das größte Problem der internationalen militärischen Einsätze und internationalen Verwaltungen. Das Personal wechselt so häufig, dass viele, kaum eingearbeitet, das Land schon wieder verlassen müssen. Arbeit bleibt liegen, man beschäftigt sich mit sich selbst, die Sensoren in die Gesellschaft hinein bleiben wenig ausgebildet. Oder, wie es ein hoher Militär ausdrückte, „wir haben nicht die Leute, die in der Lage sind, die Flut der Informationen auszuwerten und politisch zu gewichten“. Und das ist nicht nur im Kosovo so, sondern auch in Bosnien, Afghanistan oder anderswo. ERICH RATHFELDER