defizit bei vivantes : Jetzt bloß keine Schnellschüsse
Es war zu erwarten wie das Amen in der Kirche oder die Trainerdiskussion nach dem dritten verlorenen Bundesligaspiel. Kaum drohen die Finanzen beim landeseigenen Klinikkonzern Vivantes wieder ein Stück aus dem Ruder zu laufen, kommen die Rufe nach Privatisierung als Allheilmittel. Das macht sich gut, das klingt nach Handeln. Vor allem aber ist es eins: übereilt.
Kommentarvon STEFAN ALBERTI
Jetzt muss es nicht darum gehen, Vivantes so schnell wie möglich zu verhökern und das Land damit von einem seiner vielen Millionengräber zu befreien. Jetzt ist es wichtig, absolute Klarheit zu schaffen: Was ist los im landeseigenen Klinikkonzern? Wer hat das möglicherweise höher ausfallende Defizit zu verantworten? Sind Marktentwicklungen, Managementfehler oder die Strukturen eines landeseigenen Unternehmens in GmbH-Form daran schuld?
Insofern hat die FDP Recht, wenn sie fordert, die ganze Wahrheit müsse auf den Tisch. Genauso berechtigt ist der Grünen-Ruf nach besserer Kontrolle.
Erst wenn die Antworten auf all diese Fragen vorliegen, ist die Basis für eine Privatisierungsdiskussion vorhanden – vorher nicht. Dann muss man Klartext reden. Will man sich rein an wirtschaftlichen Faktoren orientieren, die – gut möglich – für einen Verkauf sprechen? Oder entscheidet man politisch, dass das Land in einem so sensiblen Bereich der Daseinsvorsorge das Sagen behalten muss? Diverse fehl gelaufene Privatisierungen sprechen durchaus gegen einen Verkauf, auch wenn landeseigene Krankenhäuser den Haushalt belasten. Fazit: Jetzt nach Privatisierung zu schreien bedeutet, Schnellschüsse herbeizureden.