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Archiv-Artikel

daumenkino „Botero: Geboren in Medellin“

Warum steht der Torero im Wald? Weil der Komplementärkontrast zwischen dem roten Tuch des Stierkämpfers und dem Grün der Blätter so schön ist, sagt Fernando Botero. Die Farbe bestimme die Komposition seiner Gemälde, und so solle es ja auch sein. Der 76-Jährige klingt in Peter Schamonis „Botero – Geboren in Medellin“ bisweilen wie ein abstrakter Maler. Durch die Realität lasse er sich nicht einschränken, sagt er an anderer Stelle, es gehe ihm darum, eine künstlerische Parallelwelt zu erschaffen.

Treffender wäre, von einer Realität-XXL zu sprechen. Berühmt wurde Fernando Botero durch seine gemütlich proportionierten Figuren mit Vollmondgesichtern. Eine bunte Parallelwelt voller Wildecker-Herzbuben-Klone hat er erschaffen und ist damit zum bekanntesten lebenden lateinamerikanischen Künstler aufgestiegen. Besonders seine üppigen Skulpturen sind weltweit auf öffentlichen Plätzen Publikumslieblinge, die Kunstkritik kann sich dagegen weniger mit seinem Werk anfreunden. Peter Schamoni scheint eine Vorliebe für solche Künstler zu haben: Mit Dokumentationen über Friedensreich Hundertwasser und Niki de Saint Phalle hat er bereits zwei andere Künstler porträtiert, die durch ihre Abneigung gegen rechte Winkel und wenig Scheu vor kräftigen Farben äußerst populär wurden. Aber auch mit Filmen über Max Ernst und Caspar David Friedrich konnte der Veteran des Neuen Deutschen Films bereits erstaunlich viele Zuschauer ins Kino locken.

Schwellenangst vor der hohen Kunst kommt bei Schamoni auch nicht auf. „Botero“ zeigt den Künstler in seinem Atelier in Paris, wo im Herbst und Frühjahr seine Gemälde entstehen, und führt ins italienische Pietrasanta, wo er im Sommer seine meist überlebensgroßen Bronzeskulpturen erschafft. Schamoni konnte Botero auch überreden, für den Dreh in seine Heimat Kolumbien zu reisen, die er vor zehn Jahren verließ, nachdem er nur knapp einer Entführung entgangen war.

Langweilig wird dieser Bilderreigen nicht, verwirrend sind an „Botero“ allerdings die Synchronisation und der Schnitt. Als Sprecher konnte Schamoni Mario Adorf gewinnen, aber der übersetzt rätselhafterweise nur ungefähr die Hälfte der (englischen) Sätze Boteros ins Deutsche. Der Schnitt ist ähnlich erratisch geraten. Doch diese merkwürdigen formalen Entscheidungen sind weniger problematisch als die Konzentration auf die Titelfigur. Botero erweist sich auf die Dauer als wenig eloquent oder tiefsinnig, wenn es darum geht, über sein eigenes Werk zu sprechen. SVEN VON REDEN

„Botero: Geboren in Medellin“. Regie: Peter Schamoni. Dokumentarfilm, Deutschland 2008, 90 Min.