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Archiv-Artikel

daumenkino „Paycheck“

Ben Affleck hatte in den letzten Monaten keine gute Zeit. Eben erst gab Jennifer Lopez bekannt, dass sie sich von ihm getrennt habe: vier Monate nachdem die beiden in letzter Minute ihre Hochzeit abgesagt hatten. Da scheint es beinahe unfair, sich über seine jüngsten Leistungen zu beklagen. Doch im Interesse von Starbetrachtung und Zeichendeutung muss man feststellen, dass Ben Affleck – zweifelsohne ein Schauspieler mit überschaubarem Charme – seine Filme seit geraumer Zeit in zwei Kategorien einzuteilen pflegt. Die kleineren, schwierigen Rollen spielt er mit besorgt hängendem Kinn. Während er solch hoch budgetierte Hollywood-Werke wie „Paycheck“ mit stolzem und tapfer vorgeschobenem Kinn absolviert.

Von John Woo ohne erkennbares Interesse nach einer Philip-K.-Dick-Geschichte in Szene gesetzt, spielt Affleck in „Paycheck“ den aufstrebenden Ingenieur Michael Jennings, der im Auftrage der Industrie die besten Ideen und Entwicklungen der Konkurrenz kopiert. Auf illegale Weise, versteht sich. Und weil es für alle Beteiligten offenbar sicherer ist, erklärt sich Affleck damit einverstanden, dass man ihm hinterher die Erinnerung an den Auftrag aus dem Hirn radiert. Aber eines Tages kommt es, wie es kommen muss: Das Gehalt läuft nicht auf dem Konto ein, stattdessen erhält er einen Papierumschlag mit rätselhaftem Krams und zu allem Überfluss trachten auch noch Unbekannte nach seinem jungen Leben. So weit, so gut.

Doch die versprochene Spannung will sich nicht entfalten. Zwar sind Affleck und sein Kinn in bester Form – sie preschen durch Türen und stürmen mit bemerkenswerter Energie kalt beleuchtete Korridore entlang. Doch weil sie niemals anzukommen scheinen, wächst sich das Ganze zwischenzeitlich zu einer handelsüblichen Verfolgungsjagd aus. Dabei gibt es allerhand Blechschäden und bunte Feuerbälle zu bewundern, die allerdings ein bedauernswertes Licht auf diverse prominente Nebendarsteller werfen, die völlig unterfordert in den billigen Kulissen herumstehen.

Die undankbarste Rolle von allen hat Uma Thurman. Zum einen muss sie Affleck ständig mit einem aufdringlich strahlenden Gesichtsausdruck anschwärmen. Zum anderen wurde sie dabei von Woo schlecht ausgeleuchtet und fotografiert.

Zwar war John Woo nie besonders gut darin, die Liebe zwischen Männern und Frauen zu bebildern. Doch dieses Mal scheitert er sogar an der eigentlichen Liebesgeschichte zwischen Affleck und seinem Kumpel Shorty (Paul Giamatti). Dafür flattert natürlich die weiße John-Woo-Taube durchs Bild, und es wird ein bisschen mit Handfeuerwaffen jongliert. Immerhin.

HARALD PETERS

„Paycheck“. Regie: John Woo. Mit Ben Affleck, Uma Thurman, Aaron Eckhardt. USA 2003, 119 Min.