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„The Reaping“ Archiv-Artikel

Wenn sich irgendwo ein Fluss rot färbt, dann ist das entweder eine Aktion des Künstlers Olafur Eliasson oder aber ein schlechtes Zeichen. In dem Schocker „The Reaping – Die Boten der Apokalypse“ von Stephen Hopkins beginnt mit dem roten Fluss eine lange Reihe von Plagen im ländlichen US-Bundesstaat Louisiana, die deutlich an die biblischen Plagen im alten Ägypten erinnern, wie sie in der Heiligen Schrift der Juden und der Christen überliefert wurden. Katherine Winter (Hilary Swank), seit dem tragischen Tod ihrer Familie eine Spezialistin für Grenzfälle des Natürlichen, wird herangezogen.

Sie begibt sich mit einem Assistenten und vielen Phiolen in den „Bibelgürtel“ – so heißt die Gegend in den USA, in der traditionell besonders viele Menschen fromm sind. Kaum haben die Wissenschaftler herausgefunden, dass die rote Farbe im Fluss eindeutig Menschenblut ist (und zwar in ungeheurer Menge), fallen auch schon die Kühe auf den Wiesen um. Je länger „The Reaping“ dauert, desto unabweisbarer wird eine religiöse Deutung des Geschehens. Was sich da in Louisiana abspielt, sieht tatsächlich nach einem Kampf zwischen Gott und Teufel aus, oder zumindest nach einem Versuch der Natur, den Antichrist abzuschütteln.

Der Regisseur Stephen Hopkins muss das Motiv der ägyptischen Plagen dabei mehrmals um die eigene Achse drehen, bis es richtig sitzt: der zuständige Gott ist heute nicht mehr zornig wie zu Zeiten des Alten Testaments vor fast 4.000 Jahren, sondern mildtätig und zurückhaltend. Stattdessen mischt sich wieder einmal der Teufel ein, der alte Spezialist für Omen aller Art, der am liebsten mit sinistren Kindern arbeitet. Katherine Winter wird in „The Reaping“ förmlich hineingezogen in einen Mahlstrom aus religiösen Projektionen. Am Ende spitzt sich die Geschichte auf eine Weise zu, die einige Intelligenz bei den Drehbuchautoren verrät: Sie unterscheiden genau zwischen einer Form von Religion, die auf der Opferlogik beruht, und einer anderen Form, die daraus entsteht, dass die Opferlogik überwunden wird.

„The Reaping“ wühlt förmlich im religiösen Untergrund der USA. Bibeltreue und Satanskult sind dabei nur zwei Ausprägungen ein und derselben Neigung zu einem apokalyptischen Weltbild. Die Sümpfe von Louisiana werden zu einer archetypischen Landschaft, in der die Menschen ohne sicheren Grund herumwaten. Lächerlich, wer diesem endzeitlichen Brackwasser mit Laborwerten beizukommen versucht. Stephen Hopkins liest die Zeichen der Zeit: Metaphysischer Schauder ist angesagt. Wer sich nach „The Reaping“ ein wenig zu sehr gebibelt fühlt, findet in Nick Caves altem Album „The Firstborn is Dead“ die richtige Medizin. BERT REBHANDL

„The Reaping – Die Boten der Apokalypse“. Regie: Stephen Hopkins. Mit Hilary Swank, David Morrissey u. a., USA 2006, 99 Min.

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