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das wird„Wir haben wie die Fälscher damals gearbeitet“

True Crime bei den alten Römern: Im Museum August Kestner in Hannover erklärt Stefan Krmnicek, wie man gefälschte antike römische Münzen fälscht

Interview Wilfried Hippen

taz: Herr Krmnicek, warum haben Sie ­gefälschte römische Silbermünzen aus dem dritten Jahrhundert nach Christus ­nach­gebaut?

Stefan Krmnicek:Ich komme aus der ­Archäologie und habe mich mit antikem Münzgeld und Wirtschaftsgeschichte beschäftigt. Diese gefälschten Münzen sind zwar gut dokumentiert, aber in der Forschungsliteratur wird immer nur ganz locker beschrieben, dass die Fälscher in der Antike Abdrücke von echten Münzen gemacht, Formen hergestellt und dann das Metall hineingegossen haben. Aber so einfach konnte die technische Umsetzung gar nicht sein. Und das war die Motivation für uns, mal selber zu versuchen herauszufinden, wie das funktioniert. Und wir haben dann festgestellt, dass man dafür viel Wissen und Übung braucht.

taz: Bei dem interdisziplinären Projekt ­haben Sie unter anderem mit einem Schmied und einer Restauratorin zusammengearbeitet. Warum ist es so schwierig, ­gefälschte Münzen zu fälschen?

Krmnicek:Es gab in England vor ein paar ­Jahren schon einmal ein ähnliches Projekt, aber die haben die Münzen einfach mit Blei gegossen, während wir, wie die Fälscher damals, mit ­einer Kupfer-Zinn-Legierung gearbeitet haben. Da muss man genau mit Faktoren wie dem Feuchtigkeitsgehalt im Ton und der Fließgeschwindigkeit arbeiten. Wir haben drei Jahre lang immer im Sommer im Rahmen vor Lehrveranstaltungen unsere Experimente ausgeführt.

taz: Diese Fälschungen waren weit ver­breitet.

Krmnicek:Es war ein ziemlich breit gestreutes Phänomen, vor allem in den westlichen Provinzen. Der Kaiser hatte im antiken Rom das Monopol für Gold- und Silberprägungen, und diese Gussfälschungen kamen im frühen dritten Jahrhundert nach Christus auf. Das ist ein Beleg dafür, dass in dieser Zeit einiges im ­Römischen Reich aus den Fugen geraten ist. In dieser Krisenzeit gab es die verschiedenen Einfälle der Germanen, das Geld wurde immer weniger wert. Das wurde auch dadurch deutlich, dass die staatliche Münzstätte den Silbergehalt der Münzen wiederholt reduziert hat.

Vortrag „Täuschend echt – Den römischen Münzfälschern auf der Spur“: heute, 18 Uhr, Museum August Kestner, Hannover

taz: Das römische Reich hat selber bei seinen Münzen geschummelt?

Krmnicek:Das kann man so sagen.

taz: Bestehen Ihre Nachbauten den direkten Vergleich mit „echten“ Fälschungen?

Krmnicek: Bei uns in Tübingen gibt es eine große, sehr alte Sammlung mit über 20.000 Münzen, darunter sind auch einige antike Gussfälschungen. Neben denen sehen unsere Münzen relativ gut aus. Wenn man das mit der Legierung richtig macht, glänzen die Münzen so silbrig, dass man damit erfolgreich täuschen kann.

taz: Werden auch heute noch Münzen ­gefälscht?

Foto: privat

Stefan Krmnicekist Leiter der Numis­matischen Arbeitsstelle am Institut für Klassische Archäologie der Universität Tübingen.

Krmnicek:Als ich mit meiner Familie in England gelebt habe, waren dort die Münzen für 50 Pence sowie ein und zwei Pfund sehr oft gefälscht. Und hier im Euroraum habe ich einmal eine gefälschte 20-Cent-Münze in der Hand gehabt.

taz: Aber ist das im Vergleich zu den römischen Dinaren nicht ziemlich armselig?

Krmnicek:Ja, schon. Aber wenn man sie in Massen produziert und im Schleudergussverfahren ein paar Tausend herstellt, rechnet sich das. Sonst würde es ja nicht gemacht werden.

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