das wetter: Meine Fresse
Meine Fresse hat zwei Kulleraugen, drei zierliche Naseneingänge, kein Grübchen, doch oben links an der Wange, kurz vor dem grasgrünen Kullerauge, der rechte Augapfel dagegen ist violett gehalten mit einem Schimmer ins Himmelblaue. Die Wangenpartien, derer vier, sind von einem pudrig pfirsichhaften Teint, ja, sie sind die reinste Freude der Buchmacher. Bald soll meine Visage verwettet werden, en gros et au détail, ich fürchte mich. Mutter! Warum hast du mich geboren? Meine Fresse! Ach ja, der Mund, mein Mund. Eine dunkelfleischige Wüste, kein blutrot durchzuckt es, quasi wie Modo meine Lippen, ein Trauerspiel, du bist schuld, Mutter! Mutter, Mutter bist du noch da? Und wo ist eigentlich Vater, von dem habe ich doch die tiefe Stirn und die eng anliegenden fünf Ohren geerbt. Meine Fresse! Wenigstens kann ich so gut hören, viel zu gut kann ich hören. Die Welt ist schlecht, ja, das höre ich. Meine Fresse!
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