das wetter:
Güldener Glanz
Um den Hals trug Tjard Wilbur eine Kette aus Gold. Auch zierte ein mächtiger güldener Siegelring seinen Mittelfinger. Wenn man einmal damit anfängt, kommt man davon nicht mehr los, erklärte er gern, verschwieg aber seine Vergangenheit. In seiner wilden Jugend war Tjard Wilbur Untergrundjuwelier. Doch in der Dienststelle für öffentliche Verzierungen hatte man kein Verständnis für seine hochfliegenden Pläne, das Stadttor zu vergolden, und ohne eine Genehmigung der obersten Edelmetallbehörde konnte er nicht heimlich an kostbare Stoffe gelangen. Deshalb wurde Tjard Wilbur zum Dieb. Gedanken, Stimmungen, Meinungen stahl er wie andere beim Mundraub Brote. Er tauschte seine Beute gegen Schwarzgold ein. Der Goldpreis aber fiel und fiel wie die Feste, die Tjard Wilbur feierte. Und so blieb er arm trotz seines Hangs zum ornamentalen Glanz.
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