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Archiv-Artikel

daimler ohne city Die Konzernstadt hat ausgedient

Schlimmer hätte es nicht kommen können. Im Herbst 1989 wurde der rot-grüne Senat nicht nur vom Fall der Mauer überrascht. Er hatte auch mit einem unsittlichen Angebot zu kämpfen. Der Stuttgarter Daimler-Benz-Konzern hatte ein Auge auf die Mitte Berlins geworfen und wollte am Potsdamer Platz eine eigene Konzernstadt errichten – die Daimler-City. Ausverkauf der Stadt, riefen daraufhin die Kritiker und malten das Ende des öffentlichen Raums an die Wand.

Kommentar von UWE RADA

15 Jahre später will Daimler seine City verkaufen, und die Befürchtungen sind wieder groß. Nur dass diesmal alle den Stuttgarter Konzern beschwören, die Hauptstadt ja nicht zu verlassen. Was hat sich geändert?

Das Schreckensbild der privaten Stadt, wie sie damals an die Wand gemalt wurde, ist längst Wirklichkeit, doch der Schrecken blieb aus. Auch die Berliner gehen inzwischen lieber shoppen als demonstrieren. Und wer den Potsdamer Platz nicht mag – bitte schön, es gibt ja auch noch andere Ecken.

Die neue Anhänglichkeit der Berliner gegenüber ihren Konzernen wie Daimler und Schering hat aber noch einen anderen Grund. Längst ist die Stadt in eine neue Phase ihrer Entwicklung getreten: weg vom Großkonzern, hin zu anonymen Investoren und Anlegern. Standen die Investitionen des Daimler-Konzerns in persona von Edzard Reuter neben der sterilen Architektur eben auch für ein Engagement des Unternehmens in Berlin, werden die neuen Investoren mit der Stadt verfahren wie die Heuschrecken mit den Betrieben: sich die lukrativen Teile herauspicken und den Rest sich selbst überlassen.

Wieder einmal steht der Potsdamer Platz am Anfang einer neuen Etappe. Kann gut sein, dass es diesmal ungemütlicher wird. Denn ist die Daimler-City erst mal verkauft, hat nicht einmal mehr die Politik etwas zu sagen. Dann wäre der Ausverkauf tatsächlich komplett.

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