piwik no script img

Archiv-Artikel

daily dope (6) B-Probe aufs Exempel

Die B-Probe der amerikanischen Sprinterin Marion Jones, genommen am 23. Juni 2006 während der US-Leichtathletik-Meisterschaften in Indianapolis, ist negativ; das wurde gestern bekannt. In der A-Probe wurde die Olympiasiegerin positiv auf das Blutdopingmittel Epo getestet. Rechtlich ist sie damit vom Dopingvorwurf entlastet. Es kommt nicht zum ersten Mal vor, dass B-Proben von Epo-Tests nicht das Ergebnis der ersten Analyse bestätigen. Prominentester Fall ist der des kenianischen Mittelstrecklers Bernard Lagat. Auch beim italienischen Radprofi Fabricio Guidi konnte das Dopingkontrolllabor im sächsischen Kreischa den Befund der A-Probe nicht bestätigen.

Während im Fall Lagat bei der Analyse „elementare biochemische Böcke“ geschossen worden seien, wie Dopingexperte Werner Franke in der taz vom 18. Oktober 2005 erläuterte, hat der Fall Guidi mit der Kompliziertheit des Nachweises zu tun. „Epo ist eine instabile Substanz, ein Peptid, das stärker als andere Stoffe den Einflüssen des Urins unterliegt, der alles andere als steril ist“, sagt Klaus Müller, Leiter des Kreischaer Labors, der taz. Es komme demnach, vor allem bei unsachgemäßer Kühlung, zu „Abbau und Beeinflussung“. Außerdem „überlappen sich die analytischen Signale, die man erhält, ein wenig“, führt Müller aus.

Die Komplexität des Verfahrens hat Müllers Kollege, Jacques de Ceaurriz, Chef des Antidoping-Labors in Châtenay-Malabry in der SZ so dargestellt: „Der Test sucht nach einer Epo-Spur im Urin. Künstliches und körpereigenes Epo haben verschiedene Isoforme. Das sind subtile Unterschiede, die durch Elektrophorese (Bewegung geladener Teilchen unter Spannung) und durch eine Reaktion mit Antikörpern sichtbar gemacht werden. Das Problem ist, dass im Urin sehr viele Proteine vorkommen und die Suche nach dem Epo deshalb ein bisschen so ist wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen.“

Nicht selten gebe es im Labor laut Müller leicht positive Epo-Fälle, die aber als negative behandelt werden, weil die Unterscheidung zwischen körpereigenem und exogenem Epo „stark abgesichert“ sein müsse. „Die Methode des Epo-Nachweises an sich“, sagt Müller, „ist nicht falsch und in Frage zu stellen.“ Er fordert, A-Probe und B-Probe zeitlich sehr eng beieinander zu untersuchen, damit der Urin der B-Probe noch verwertbar sei. Bei Marion Jones lagen zwischen Entnahme des Urins und Veröffentlichung der A-Probe knapp zwei Monate – ein langer Zeitraum. Bedeutet ein Negativergebnis nun, dass Jones nicht gedopt hat? Im Laufe ihrer Karriere haben sich eine Reihe von Indizien angehäuft, die gegen sie sprechen. Sie hatte bereits 1992 als Nachwuchs-Sprinterin im kalifornischen Thousand Oaks Probleme mit einer Dopingkontrolle. Diese soll sie damals verweigert haben. Sie entging aber einer Sperre.

Ex-Kugelstoßer C. J. Hunter, ihr ehemaliger Ehemann, sagte aus, Jones habe sich in seiner Gegenwart Dopingsubstanzen gespritzt. Auch im Balco-Skandal war Jones unter Dopingverdacht geraten. Balco-Laborchef Victor Conte hatte im Dezember 2004 gesagt, Jones habe über Jahre Dopingpräparate von ihm erhalten und er selbst habe gesehen, wie sie sich Wachstumshormone gespritzt habe. Jones könnte nach dem entlastenden Befund bereits am Wochenende beim World-Athletics-Finale in Stuttgart an den Start gehen.

MARKUS VÖLKER