daily dope (360) :
Philip Schulz ist Radsportler, ein Amateur, keiner derjenigen, die Gagen für ihre Auftritte kassieren. Zurzeit ist er gesperrt. Bei den Landesmeisterschaften in Rheinland-Pfalz ist er im Mai 2008 positiv auf das Anabolikum Boldenon getestet worden. Das habe er sich, so stellt er es dar, von einem Sportkollegen aufschwatzen lassen und dabei nichts anderes getan als etliche andere Amateure. Jetzt packt er aus, will offen über die Dopingpraktiken in der Amateurszene sprechen. Der ARD hat er beschrieben, wie leicht es ist, an Dopingmittel heranzukommen. Schulz hat beim Bundeskriminalamt ausgesagt – über einen Kühlschrank voller Dopingmittel, aus dem sich auch wenig prominente Radler mit EPO, Testosteron, Wachstumshormonen und andern verbotenen Substanzen bedient hätten.
Auch den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) greift Schulz an. Der habe einem Radler, der positiv auf das Mittel hCG, das die Produktion von körpereigenem Testosteron anregt, getestet worden ist, geraten, sich einen Befund über Hodenkrebs zu besorgen. So sei ein erhöhter Testosteronspiegel medizinisch zu erklären und es läge kein Dopingvergehen vor. Leistete der BDR aktiv Beihilfe zur Verschleierung eines Dopingvergehens? Im notorisch verdächtigen Verband weist man das weit von sich. „Diese Vorwürfe sind lächerlich“, erklärte Leistungssportdirektor Burckhard Bremer. „Es wurde lediglich durch uns gemäß Wada-Code (Kodex der Welt-Anti-Doping-Agentur; d. Red.) auf Vorschlag eines akkreditierten Labors die Empfehlung ausgesprochen, weitere Untersuchungen zu veranlassen, um eine Tumorerkrankung auszuschließen“, so Bremer. Eine Reaktion aus der Politik auf Schulz’ Aussagen ließ nicht lange auf sich warten. Peter Danckert (SPD), Vorsitzender des Sportausschusses im Deutschen Bundestag, sagte: „Ich bin nach Gesprächen, die ich auch gerade in diesen Tagen geführt habe, nach wie vor – ich könnte auch sagen, stärker denn je – der Meinung, dass flächendeckend gedopt wird. Sehr subtil, mit ganz neuen Methoden und Mitteln“. Im organisierten Sport selbst kann man eine derartige Einschätzung nicht teilen: „Für unsere Athleten kann ich ein flächendeckendes Doping ausschließen, aber natürlich gibt es immer schwarze Schafe“, sagte Eberhard Gienger, der Vizepräsident des Deutschen Olympischen Sportbunds. DPA, TAZ