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Archiv-Artikel

daily dope (325)

Unlängst sagte ein Radsport-Insider der taz: „Früher ist der Kohl keine Autobahnbrücke raufgekommen, und bei der Tour de France fährt er mit dem Finger in der Nase hinauf nach L’Alpe d’Huez.“ Das bezog sich auf den Gerolsteiner-Profi Bernhard Kohl aus Österreich, der bei der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt verblüffende Kletterkünste zeigte. Kohl radelte im Team von Stefan Schumacher. Letzterem wurde jetzt nachgewiesen, dass er mit dem Epo-Präparat Cera gedopt hat. Hinter diesen Männern fungierte Hans-Michael Holczer, der Teamchef. Seine Rolle ist bizarr. Der eloquente Holczer spielt verschiedene Rollen: Einmal ist er der Saubermann, dann gibt er den aufrichtig Überraschten, später mutiert er zum Ankläger von Dopingsündern. Beschämend oft wird er in den Medien als Kronzeuge für den guten Willen im Radsport zitiert. Doch was weiß dieser Mann wirklich? Sicher sehr viel mehr, als er zugibt. Bei der Tour kamen ihm die Erfolge von Schumacher und Kohl recht, war er doch gerade auf der Suche nach einem neuen Sponsor. Es fand sich aber kein Geldgeber – eine visionäre Entscheidung der Unternehmen. Vielleicht ist ihnen Holczers radsporttypische Bigotterie ja gleichfalls aufgefallen. Holczer dürfte wohl auch in den kommenden Tagen nicht zur Ruhe kommen, denn es kündigen sich weitere schlechte Nachrichten aus Frankreich an.

Es soll angeblich weitere Dopingenthüllungen geben. Der Chef der französischen Anti-Doping-Agentur AFLD, Pierre Bordry, sprach in einem Interview davon, dass über die bisher bekannten Fälle hinaus weitere positive Testergebnisse von anderen Fahrern zu erwarten sind. „Wir sind bereits im Besitz ernstzunehmender Hinweise auf Fälle von Eigenbluttransfusionen. Um wen es sich handelt, werden wir wohl erst später sagen können.“ Erstmals bestätigte Bordry damit, dass seiner Agentur zuverlässige Hinweise auf das Doping mit Eigenblut von Athleten vorliegen. Erinnert sei an dieser Stelle an das Wiener Blutlabor, in dem sich diverse Leistungssportler fit gemacht haben sollen. Die AFLD war während der diesjährigen Tour fürs Dopingkontrollprogramm verantwortlich. Bordry kündigte an, dass weitere Nachuntersuchungen von eingelagerten Dopingproben verdächtiger Profis bevorstehen.

Dabei soll ein Testverfahren eingesetzt werden, das derzeit noch entwickelt wird. Mit einer ebenfalls neuen Methode hatte das Pariser Antidopinglabor im Auftrag der AFLD in den vergangenen Wochen eingefrorene Blutproben einiger Radprofis untersucht. Dabei wurden neben Schumacher auch die Italiener Piepoli und Ricco positiv auf die Einnahme des verbotenen Epo-Mittels Cera getestet. Zurzeit, so Bordry, suche man zwar nur nach Cera. „Aber bald schon können wir mit dem neuen Verfahren Eigenbluttransfusionen nachweisen, und wir werden dann auch damit nachtesten.“ Im Visier haben die Dopingkontrolleure Fahrer, bei denen vor dem Start der Tour Proben genommen und dabei auffällige Werte gefunden wurden. Dabei soll es sich laut Bordry um 30 Fahrer handeln. Die AFLD hatte diese Fahrer und ihre Rennställe über die Testergebnisse informiert. Bei einigen Sportlern hatten sich die Blutwerte dann während der Rundfahrt wieder normalisiert, bei anderen aber nicht. „Einige der verdächtigen Fahrer sind wieder zurück zu ihren normalen Werten gelangt. Wir waren aber überrascht zu sehen, wie schwach deren Leistungen dann waren“, so Bordry. TAZ, DPA