countdown läuft: 1353 : Schmidtaneinander vorbei
Noch elfmal werden wir wach, dann war’s das mit Harald Schmidt. Aber vielleicht verrät er ja in seiner Sendung, wo und wann es weitergeht
Sie kennen ja das Gefühl: Jahrelang wurde über die „Harald Schmidt Show“ berichtet. Man kannte jede Palme da, und auf einmal war alles still. Wie es jetzt dort aussieht?
Am Tag des Rücktritts brauchte es schon einen Claus Kleber („heute journal“), der höflich-zurückhaltend bis zur letzten Minute wartete, um dann im investigativen Weichspülgang nachzuhaken: „Sie brauchen ja jetzt eine kreative Pause.“ Und wirklich, Schmidt verzog für Sekundenbruchteile die Miene, doch gab dann souverän den Olaf Scholz: „Dazu werde ich mich zu gegebener Zeit äußern.“ Kleber hakt nach. „Meine Partei steht hinter mir“, sagt Schmidt. Und: „Dieses Land braucht den Aufbruch.“
Ach ja? Hiervon war in den 58 Minuten zuvor wenig zu spüren, da lag schon eher ein Hauch von dezentem Abbruch über dem Studio 449: Während ihm das obligatorische Adventsständchen gebracht wurde, machte Schmidt auf kontemplativ. Konnte man auch für verzweifelt halten. Sah jedenfalls nicht aus wie einer, der „in Deutschland keine natürlichen Feinde mehr hat“ (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung).
Dann wachte die Sendung aber doch noch kurz auf und fand zur gewohnten Form zurück: Der „Vermittlungsausschuss“ von Bundesrat und Bundestag wurde gegeben, am Baseball-Schläger Herr Schmidt. Christbaumkugeln mit Reformpunkten, die trotz Batman Harald im Handschuh von Helmut „Catcher in the Rye“ Zerlett landeten, sind beschlossene Sache.
Der Wechsel von Harald zur ARD auch, wetten? Nur was wird aus den Mitarbeitern? Andrack war grau im Gesicht. So lange müssen wir aber noch Sat.1 gucken: Bis zum 23. läuft die Show planmäßig, dank eingebautem Spannungsbogen (ob er heute was sagt?) sogar von ganz alleine. Und am 29. 12. kommt ja noch der Jahresrückblick.
Roger Schawinski, der neue Chef von Sat.1 minus Schmidt, kommt sich derweil beim einstigen Kuschelsender vor wie im Palast der Schneekönigin: alles eiskalt und spitz. Laut Bild plant er bereits am Schmidt-Ersatz. Die neue Late Night Show „soll aktueller sein – die wichtigste Person des Tages soll Thema sein oder sogar live in der Show sitzen“. Hmm. Für einen Sender mit der Newskompetenz von Sat.1 dürfte das kein Problem sein. Und moderieren kann Schawinski zur Not ja selbst. Aber ob Harald jetzt noch mit ihm essen geht?
STEFFEN GRIMBERG