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Archiv-Artikel

christoph schultheis Die Ehrliche und die Dumme

Seit Jahresanfang gibt es einen weiteren Grund, das Berliner Boulevardblatt „B.Z.“ nicht zu mögen.

„Thommys neue Show – Stars statt Kakerlaken“, schrieb am Samstag die kleine Boulevardzeitung Berliner Kurier über ihre kurze „Wetten, dass …?“-Vorankündigung. Irgendwo auf Seite 43. Und weiter? Nichts weiter. Beispielsweise. Der Kurier ist eben eine Zeitung, von der man, wenn überhaupt, den Namen kennt und die sich freut, wenn ihr der Klett-Verlag mal einen Preis für die Wortschöpfung „Herta-BSE“ verleiht, im Anschluss aber ehrlicherweise dazuschreibt, den Wortwitz nur „auf der Toilette einer Berliner Kiezkneipe“ entdeckt zu haben. So eine Zeitung ist der Kurier.

Aber zurück zu Gottschalk. Beziehungsweise zur B.Z., dem Kurier-Konkurrenzblatt, das genauso ist, wie man sich eine Boulevardzeitung vorstellt: Sie erscheint im Axel-Springer-Verlag, ihre Chefredakteure hießen mal Franz-Josef Wagner oder Georg Gafron, und Tag für Tag sorgt das Blatt mit Mordio und Hundekot für Gesprächsstoff in Berlins schlecht belüfteten Frühstücksräumen. Und diese B.Z. schrieb am Samstag über „Wetten, dass...?“ in dicken, roten Lettern: „Gottschalk – Verbot für Dschungel-Stars“! Das saß.

Aber natürlich konnte vorab keiner wissen, dass die Sendung dann nicht nur ohne Kakerlaken, sondern auch ohne Höhepunkte auskam und deshalb ungefähr so interessant war wie (Achtung: Überleitung!) das Berliner U-Bahn-Fernsehen. Nicht wahr, Sie kennen diese kleinen, an die Wagondecke geschraubten Bildschirme, auf denen für Sprachschulen, Musicals oder Sorgentelefone geworben wird? Es gibt sie auch in anderen U-Bahn-Städten, ab und zu wird die Werbung mit Nachrichten unterbrochen, und in Berlin wurden die News bis zum Jahresende vom Berliner Kurier zugeliefert, was nett war vom Kurier, denn mit den kurzen Schlagzeilen, die da auf den Monitoren aufgeschrieben standen, fühlte man sich recht passabel informiert. Weiter nichts.

2004 hat dann die B.Z. den U-Bahn-Infojob übernommen. Doch will sich beim U-Bahn-Fernsehen der B.Z. partout kein Weiter-nichts-Gefühl einstellen. Im Gegenteil bleibt nun am Ende stets so ein „Oh, da muss ich mir wohl schnellstens ’ne B.Z. besorgen!“ Denn die B.Z. macht in der U-Bahn aus den Nachrichten Nachrichtenwerbung. Und keinen Spaß. Stattdessen fühlt man sich betrogen irgendwie – erst recht, wenn man hernach feststellen darf, dass im gedruckten Blatt dann vieles ungefähr so interessant ist wie … ja, wie das letzte „Wetten, dass...?“.