cannabis-liberalisierung : Auf halber Strecke versackt
Cannabis wird legalisiert, jubelte der PDS-Abgeordnete Freke Over. Der Besitz von 30 Gramm des berauschenden Stoffes sei von Stund an legal. Mit dieser Nachricht verbreitete er heitere Entspannung auf dem Kreuzberger Mariannenplatz. Das war am 1. Mai – vor einem Jahr. Da hatte gerade das Abgeordnetenhaus den Senat zu einem liberaleren Umgang mit den THC-haltigen Drogen aufgefordert. Genauer hieß es darin: Der Besitz von bis zu 15 Gramm Cannabis solle grundsätzlich straffrei bleiben. Selbst bei bis zu 30 Gramm könnten Verfahren eingestellt werden. Auch Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) begrüßte damals den Vorstoß. Und doch dauerte es fast ein Jahr, bis sich der Senat gestern zu einer entsprechenden Regelung durchrang – und auf halber Strecke stehen blieb.
KOMMENTARVON GEREON ASMUTH
Denn nun sollen nur bis zu 10 Gramm straffrei bleiben, bis 15 Gramm kann eingestellt werden. Das ist weniger ein Versagen des Senats als ein deutliches Zeichen dafür, wie sehr die Droge immer noch in breiten Teilen der Gesellschaft dämonisiert wird.
Die CDU packte gestern prompt die alte Mär von der Einstiegsdroge Cannabis aus, die viele Jugendliche direkt in die Fixerstuben von Moabit und Kreuzberg führe. Dabei sollte man meinen, dieser aus alten Popularismen zusammengebraute Blödsinn könne sich allenfalls noch an Stammtischen halten, die gehörig der mindestens genauso gefährlichen, aber legalen Droge Alkohol frönen.
Die ursprünglich großzügiger geplante Liberalisierung ist aber nicht am Widerstand der Opposition gescheitert, sondern an der Hartnäckigkeit der Strafverfolger in der Staatsanwaltschaft. Und die wiederum kann sich ausgerechnet auf die Zögerlichkeit der rot-grünen Bundesregierung berufen. Denn Rot-Grün hat, obwohl seit über sechs Jahren im Amt, noch nichts bewegt in Sachen Liberalisierung.
Der Hauptststadt-Kiffer darf sich dennoch gelassener zurücklehnen. Auch mit 10 Gramm kann er sich ohne Verfolgungswahn ordentlich bedröhnen. Wer mehr braucht, muss zwar weiterhin eine Strafe fürchten, obwohl er doch allenfalls ein Angebot zur Therapie benötigt. Aber auch darüber sollen laut Senat künftig Polizei und Staatsanwaltschaft verstärkt informieren.
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