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Archiv-Artikel

bundeswehreinsätze Nur Mangel im Überfluss

Wer sich über die Regierung Bush lustig machen will, der muss nur das Wort „Imperial Overstretch“ verwenden. Die Supermacht USA hat sich mit dem Irakkrieg übernommen, das sieht sie neuerdings sogar selbst ein. Noch gibt es jedoch kein Wort für die Ambitionen von Verteidigungsminister Struck. Aber auch auf seine Pläne würde der Begriff „Overstretch“ passen. Nur dass er keine modern gerüstete Supermacht überfordert, sondern eine veraltete Armee namens Bundeswehr.

Kommentarvon ULRIKE HERRMANN

Die Meldungen überschlagen sich: Bis Ende August will das Kabinett entscheiden, ob sich deutsche Soldaten auch außerhalb von Kabul in Afghanistan engagieren; gleichzeitig denkt Struck laut darüber nach, rein „theoretisch“ natürlich, ob man sich nicht an einer UN-Mission im Irak beteiligen könnte.

Aber mit welchen Soldaten? Momentan sind 8.170 Deutsche bei neun internationalen Einsätzen unterwegs. Und mehr Personal kann die Bundeswehr nicht ins Ausland abkommandieren. Schon jetzt meldet der Wehrbeauftragte jedes Jahr, dass sich die deutschen Soldaten im Ausland über mangelnde Sicherheit beschweren, weil ihnen die optimale Ausrüstung fehle – während die Soldaten in den heimischen Kasernen beklagen, dass sie nur noch Schrott bedienen. Das gesamte High-Tech-Arsenal sei international unterwegs. Strucks „Armee im Einsatz“ ist eine Armee der Mangelverwaltung: Die Aufklärungsdrohne, die jetzt über Kabul kreist, fehlt den deutschen Soldaten auf dem Balkan.

Aber es gibt auch Überfluss bei der Bundeswehr. Zum Beispiel: zu viele Standorte. Die Weizsäcker-Kommission wollte ihre Zahl halbieren; inzwischen konnte eine Allianz von Landes- und Kommunalpolitikern durchsetzen, dass 90 Prozent oder 541 der deutschen Stützpunkte erhalten bleiben.

So sieht Effizienz nicht aus – aber eine deutsche Reform. Bei der Bundeswehr geht es zu wie bei der Gesundheitsreform oder den Hartz-Konzepten für den Arbeitsmarkt. Die Ziele klingen gewaltig, ob sie nun „moderne Interventionstruppe“, „sinkende Lohnnebenkosten“ oder „Vollbeschäftigung“ heißen. An den Zuständen ändert die hübsche Phraseologie jedoch nichts.

Es ist phänomenal: 30 Jahre Arbeitslosigkeit haben der nahen Erwartung von „Vollbeschäftigung“ nichts anhaben können. Bei Strucks „Einsatztruppe“ könnte die Ernüchterung allerdings schneller folgen – wenn deutsche Soldaten sterben müssen, weil sie nicht angemessen ausgerüstet waren.