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WG ohne Sachsen
„Berliner Blase “, taz .de vom 15. 9. 2019
Sie schreiben: „Es waren angenehme Tage, und es war eine Art Training in Sachen Realitätscheck.“ Ernsthaft? In einer „Sachsen-WG“ mit Schlüsselsystem, Gemeinschaftsküche, Gemüsegarten und Gemeinschaftskasse, in der sich ein Dutzend angehende IngenieurInnen, ÄrztInnen und DoktorandInnen aus Lüneburg, Münster, Nürnberg und Damaskus eingerichtet hat, aber kein einziger Sachse?
Das Zimmer mit der Weltkarte überm Bett war zwar zwei Zugstunden von Berlin entfernt, Teil der Berliner „Wohlfühlblase“ war es aber trotzdem.
Wer in Sachsen seine „urbane Komfortzone“ verlässt, bekommt es nicht zwingend mit „Gutmenschen“ zu tun, mit denen er Bad und Espressokanne teilen, Ausstellungen oder Konzerte besuchen oder bei einem guten Glas Wein in aller Ruhe über das zuletzt gelesene Buch, den Klimawandel oder Kindererziehung sprechen möchte. Selbst Syrer, die „mit leuchtenden Augen vom Projekt Europa schwärmen“, dürften für Sachsen eher nicht repräsentativ sein. Man trifft auf Leute, die zwar das Vertrauen in die Politik und in die Medien verloren haben wollen, sich aber trotzdem vor steigenden Mieten, sinkenden Renten, Globalisierung, Klimawandel und Migration gleichzeitig fürchten.
Diese Leute werden das Gefühl nicht los, ihre Meinung wird nicht gehört. Weil niemand, der was auf sich hält (von Rechten abgesehen), sie noch in eine Zeitung schreiben mag. Ja, ohne diese Blasen wären die Meinungen vielleicht viel zitierfähiger. Mowgli, taz.de
Erstaunt las ich …
„Berliner Blase “, taz vom 14./15. 9. 2019
Liebe taz, nachdem ich in Dresden von Julia Boek den Kommentar las, muss ich eine Erwiderung schreiben: Erstaunt las ich die Beschreibung der „Sachsen-WG“ der tazlerInnen vor der Landtagswahl: Saniertes Altbauviertel strahlt mit schönen Gründerzeithäusern, BewohnerInnen aus „Lüneburg, Münster, Nürnberg und Damaskus“ – wurden die aus Ostdeutschland vergessen oder wohnen dort keine Ossis?
Warum verließen die tazlerInnen nicht ihre „Blase“, als sie aus Sachsen berichtet haben? Oder war der tägliche Kontakt mit den SächsInnen zu anstrengend, als dass sie abends und morgens noch mit ihnen in Berührung kommen wollten?
Als Alternative zur „Blase“ hätte es auch die Möglichkeit gegeben, in eine WG in der Wilsdruffer Vorstadt (Nachkriegswohngebiet mit Rentnern, StudentInnen, MigrantInnen und Russlanddeutschen, aber ohne viel Charme) oder im Plattenbau in Prohlis oder Gorbitz zu wohnen. Steffen Oeser, Dresden
Passt nicht mehr
„Jerusalem und Tel Aviv“,
taz vom 16. 9. 2019
Die Häme, die ein ungenannter Kulturredakteur bei dem „Verweis“ auf ein Konzert des Israel Philharmonic Orchestra über die „lieben BDS-Anhänger“ auskippt, hat mich getroffen – auch ohne ausgewiesener Anhänger der Bewegung Boycott, Divestment, Sanctions (BDS) zu sein. Diese gezielte Beleidigung hat mich mehr getroffen als alle einseitig und schlecht recherchierten Artikel zum Palästinakonflikt. Wenn jeder Kulturredakteur seinen kleinen Spaß über die Anhänger von BDS in Palästina oder anderswo in der Welt machen kann, dann ist das gewiss kein Nachweis für kritikfähigen Journalismus. Das ist genau die Haltung, die jede Kritik an der Politik Israels als „antisemitisch“ denunziert und die seit dem unsäglichen Bundestagsbeschluss quasi amtlich ist. Die Begriffe taz, Palästinenser, Solidarität passen leider nicht mehr in einen Satz.
Norbert Faber, Uschi Röllich-Faber
Kilo Apfel 15 Cent
„Die Apfelernte fällt mies aus“, taz.de vom 19. 9. 2019
In Berlin und Brandenburg macht man nichts Vernünftiges mit den Äpfeln und isst die einfach, anstatt Äppler daraus zu machen. Ich hab in den letzten Tagen die Äpfel meiner Großeltern und anderer Familienmitglieder geerntet und zur Kelterei gebracht. Für ein Kilo Äpfel gibt es 15 Cent, und da hab ich noch 2 Cent Aufschlag bekommen, weil ich über eine Tonne angeliefert habe. Das Zeug in die Biomasseanlage zu schmeißen, würde weniger Arbeit machen, und verdienen tut man so oder so nichts. Sven Günther, taz.de
Nicht sehr sozial
„Keine Ruhe um den Mietendeckel“, taz.de vom 16. 9. 2019
Genossenschaften sind rechtlich ihren Mitgliedern verpflichtet, nicht dem „Gemeinwohl“. Allenfalls vertreten sie also ein Gruppeninteresse und nicht etwa soziale Ziele auf gesellschaftlicher Ebene. Aber es geht weiter, denn auch in Genossenschaften fließen Mieteinnahmen in private Taschen und von unten nach oben: Mitglieder halten Geschäftsanteile, die verzinst werden. Wer viel hat, bekommt noch mehr dazu, altbekannt. Aus den Mieten aller wird Neubau mitfinanziert, dessen Mieten die meisten nicht bezahlen können.
Viele Genossenschaften lehnen es ab, Vorstandsgehälter offenzulegen. Genossenschaften betreiben eigene „Altersvorsorgekassen“. Die Verzinsung wird von allen Mitgliedern mit den Mieten bezahlt. Also auch hier: Die Altersvorsorge der einen ist die Altersarmut der anderen. Dass in Genossenschaften Wahlen stattfinden, garantiert genauso wenig wie anderswo eine gerechte und humane Verteilung der vorhandenen Ressourcen. Claran, taz.de
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