brief des tages:
Wunschpolitik Wachstum
„Schrumpfen statt Wachsen“,
taz vom 17./18. 9. 22
Das Problem „Systemwechsel“ ist nicht neu. Bisher folgte es aus der Forderung nach Gerechtigkeit. Jetzt geht’s ums Überleben. Der Kapitalismus schafft sich aber nicht selbst ab. Er ist Folge der Unfähigkeit, ein gerechtes Zusammenleben zu organisieren. Daran scheiterte bisher auch jede Planwirtschaft. In diesem fortgeschrittenen Stadium der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen müssten wir alles dem Ziel, diesen Prozess aufzuhalten, unterordnen. Die unkritische Übernahme der These, nur Wachstum garantiere die Stabilität des Systems, erfordert Widerspruch. Wirtschaftswachstum ist eine Wunschvorstellung, welche bereits im 18. Jahrhundert als Fortschrittsgarantie zur Überspielung des Knappheitsparadoxons einsetzte. Wirtschaft erschafft sich nach Luhmann aus sich selbst heraus, indem sie laufend Bedürfnisse erzeugt und befriedigt. Die Notwendigkeit des Wirtschaftswachstums als „Bedingung gesellschaftlicher Stabilität“ ist nichts als eine Suggestion für Politiker und die Öffentlichkeit. Wirtschaftswachstum, das die nachfolgenden Generationen gefährdet – das beeinträchtigt die gesellschaftliche Stabilität. Rütger Boeddinghaus, Karlsruhe
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