brief des tages:
Die Harry-Potter-Mietkatastrophe
„Kleiner, teurer, weiter draußen“,
taz vom 25. 10. 18
Gesucht: „Ruhige, alleinstehende Person mittleren Alters ohne Haustiere“; „solvente Nichtraucher ohne Kinder in festem Arbeitsverhältnis“; „vorzugsweise Wochenendheimfahrer/Pendler. Schufa Auskunft erforderlich. Kein Wohnberechtigungsschein.“ Auf den ersten Blick scheinen diese Vermieterformulierungen eine Beschreibung des Wunschmieters zu geben. Auf den zweiten Blick spielt sich hier eine der großen sozialen Katastrophen ab, die diskriminierend ist und demütigend sein kann. Welche Familie, welche/r Arbeitssuchende hat da noch Lust (und Geld), eine Wohnung in der Stadt zu beziehen? Eltern mit Kindern werden zwangsverlagert aufs Land. Weil es da (noch) etwas günstiger ist. Doch auch hier spiegelt sich das soziale Dilemma wider: Kinder, Tiere, Studenten, Arbeitslose unerwünscht. Wie wär’s, wir ziehen uns Harry Potters „Unsichtbarmantel“ über und werden zahlende Mieter, die die Mietsache bestenfalls nie betreten? Dann leben wir aber früher oder später in einer Geisterstadt. Ohne Kinder. Ohne Tiere. Ohne Mitgefühl und ohne Sozialkompetenzen. Laura Schiefer-Müller, Bad Nauheim
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen