böllerverbot : Die einen Knall haben
Wie weltfremd darf man als Politiker eigentlich sein? Eine böllerfreie Innenstadt zu Silvester fordert eine große Koalition aus CDU und PDS, assistiert vom helfenden Teil der Zivilgesellschaft. Das klingt wie früher „Brot statt Böller“. Was früher Unsinn war, ist heute nicht besser.
KOMMENTAR VON UWE RADA
Chinakracher, Feuerwerk, Raketen. Es ist nun mal so: Das neue Jahr wird mit Krach begrüßt, auch wenn der in manchen Straßen einem kriegsähnlichen Zustand ähnlicher ist als einer Knallfroschzündung unter väterlicher Aufsicht. Und dennoch: Die Silvesterknallerei ist ein Ritual, das sich auf ein paar Tage beschränkt. Wer die ohne Hörschäden überlebt, hat ein Jahr Ruhe.
Nicht auszudenken dagegen, wenn die CDU-PDS-Koalition mit ihrem Böllerverbot Erfolg hätte. Eine Kampfansage wäre es, die die Jugendlichen nur allzu gut verstünden. Man muss es sich nur vorstellen. Hilflose Polizeibeamte, die das Böllerverbot durchsetzen sollen, im Dauerbeschuss. „Tanzende Uniformen“ würde wohl die Schlagzeile der taz im neuen Jahr lauten.
Als ob wir nicht schon einen 1. Mai hätten, soll nun also auch noch der 31. Dezember in den Kalender der jugendlichen Erlebnisevents aufgenommen werden. Der Einzelhandel würde sich freuen. Tausende von Feuerwerkschaoten, die in diesem Fall nach Berlin reisen würden, würde wenigstens für ein paar Tage die Kassen klingeln lassen.
Apropos. Berlin hat schon mal ein Verbot ausgesprochen. Das war zu Fasching. Dass dieses Konfettiverbot von der Berliner Karnevalsgesellschaft einfach missachtet wurde, sollten sich die Böllerbremsen einmal hinter die empfindlichen Ohren schreiben. Schließlich handelt es sich bei den Berliner Jecken um eine Minderheit. Die Silvesterknaller dagegen sprechen nicht nur fürs Volk. Sie sind das Volk. Leider.