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Archiv-Artikel

bestattungen Fadenscheinige Argumente

Eine Beerdigung nach muslimischem Brauch im Tuch statt im Sarg ist in den Augen der Kölner Friedhofsverwaltung gesundheitsgefährdend. So so. Da sollte die Behörde doch mal dringend mit den Kollegen in anderen Städten reden: Offenbar werden nämlich andernorts die Bürger völlig selbstverständlich dieser unbekannten Gefahr ausgesetzt.

Kommentar von Susanne Gannott

In Essen zum Beispiel. Dort können es sich Muslime aussuchen, ob sie im Sarg oder im Tuch bestattet werden wollen. Der Leichnam wird einfach bis zur Zeremonie in einem Sarg aufbewahrt, dann am Grab herausgeholt und in die Grube gelegt. In Essen muss es auch nicht drei bis fünf Tage dauern, bis ein Toter beerdigt werden kann. Der dortigen Behörde ist bewusst, dass für Muslime eine rasche Bestattung wichtig ist, und entsprechend legt sie sich ins Zeug.

Das geht also alles – wenn man nur will. Dass die Kölner Verwaltung schlicht und ergreifend nicht will, kann man auch aus Folgendem schließen: Im Umweltausschuss hatten Politiker mehrerer Parteien gefordert, dass man die muslimischen Gräberfelder auf den städtischen Friedhöfen vergrößern sollte. Das lehnte die Verwaltung mit dem Hinweis ab, es gebe keinen Bedarf, die meisten Muslime ließen sich in ihrer Heimat bestatten. Das Argument ist wirklich besonders pfiffig. Wenn man kein Angebot schafft für Bestattungen nach muslimischem Ritus, muss man sich dann wirklich wundern, wenn die Betreffenden sich dorthin wenden, wo das möglich ist? Und was heißt hier überhaupt „Heimat“? Hat man in hiesigen Amtsstuben noch nichts davon gehört, dass es auch deutsche Muslime gibt?

Hier sind offensichtlich Ignoranten am Werk, die nicht wahrhaben wollen, dass in diesem Land Millionen Menschen nichts mit der christlichen Tradition am Hut haben. Oder die der Meinung sind, alle hier Lebenden müssten sich der deutsch-christlichen Beerdigungs-Leitkultur anpassen. Das ist natürlich blanker Unsinn: Solange man niemandem schadet, hat auch in Köln jeder ein Recht darauf, gemäß seiner Tradition zu leben – und beerdigt zu werden.