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berliner szenenWollhuhn mit neuen Federn

Zum Weihnachtsmarktbesuch hab ich meinen voluminösen Mantel aus dem Schrank geholt. Ihn hatte ich mir zugelegt, als die Spree vor Jahren elefantenfest zugefroren war. In den geräumigen Manteltaschen find ich nun allerhand Tand vom letzten Winter. Links mehrere zerknitterte Fahrscheine, einer davon – aus Versehen – doppelt abgestempelt, eine rote Taschenlampe, zudem Gogols Shinel-Novelle. In der rechten Tasche eine Haselnussmakrone, steinhart, samt herausgefallener Nuss, Chilischoten sowie eine alte Eintrittskarte der von mir so geschätzten Schaubühne. Hoffentlich wird diese keine historische werden, denk ich in Anbetracht des wahnwitzigen, durch nichts zu rechtfertigenden Sparkurses des Senats.

Und ich finde, heureka!, das kleine blaue Wollhuhn, das mir Ginette mal als Schlüsselanhänger geschenkt hatte. Es hat sich von seinem Ring losgemacht, ist also ausgerissen und hat dann doch den größten Teil des Jahres im Mantel verbracht. Beim näheren Betrachten ist es in doppelter Hinsicht ausgerissen, denn die losen Wollfäden verkörpern jetzt prächtige Schwanzfedern.

Kürzlich hatte Ginette, die beim Tierarzt arbeitet, angeregt, ich könne doch mal eine Szene über ein Alpaka mit Bindehautentzündung schreiben. Ein ganz sensibles Tier sei’s, dürfe nur im Garten der Praxis behandelt werden. Oder über einen Body­builder, der sich sträube, seine Hündin auf den Behandlungstisch zu heben, weil’s seinem Trainingskonzept widerspreche. Klappt leider nicht, befand ich, denn weder Hund noch Alpaka kenne ich persönlich.

Tja. Aber zumindest habe ich jetzt doch über ein – wenn auch gehäkeltes – Tier geschrieben, das mir inzwischen als Handschmeichler dient. Und über einen Mantel, und ein wenig auch über Ginette. Felix Primus

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