berliner szenen: Stempeltrick geht immer noch
Um mich herum sind alle in bunter Streetwear, nur ich bin mal wieder so ganz in Schwarz. Ich bin auf der Party eines Kreuzberger Klamottenlabels, das heute richtig feiert. Die Getränke sind umsonst und es gibt ein Buffet. Na super, denke ich, während ich die Pommes betrachte, die als Nachschub auf einem Tablett gebracht werden. Ausgerechnet heute habe ich einen Grummelbauch. Ich grummel so vor mich hin, trinke mein Wasser und beobachte die Leute um mich herum.
Menschen am Buffet sind genau so Sozialstudie wie Menschen im Supermarkt, wenn eine zweite Kasse geöffnet wird. Mir fällt ein Mann mit einem Cap auf, der sich kleine Burger direkt vor dem Tisch in den Mund stopft. Er kaut noch und hat schon den nächsten Burger in der Hand. Andere haben Mühe, etwas abzubekommen. Nach wenigen Minuten ist das Buffet komplett abgegrast, als wären Heuschrecken darüber hergefallen.
Ein Paar kommt an den Tisch. Beide tragen Rucksäcke und sind etwa Anfang 20. Sie gucken enttäuscht auf die leeren Platten, bis sie sagt: „Ach na ja, da kommt vielleicht noch was.“ Er grinst: „Prost! Auf’nen Abend für umme.“ Sie stoßen mit Gläsern an, in denen Eiswürfel in einer grellpinken Flüssigkeit schwimmen. Da kommt wieder ein Tablett und die Frau drückt ihm sofort ihr Glas in die Hand, nimmt zweimal Pommes und Burger und sagt begeistert zu ihm: „Alter, das ist Paradies und keiner merkt was.“ Er stellt die Gläser ab, und lacht diebisch: „Danke Stempeltrick.“
Ich muss grinsen und erinnere mich, wie das Gefühl war, als wir früher vor irgendwelchen reichen Partys Stempel abgedrückt haben und mit klopfendem Herzen an der Tür vorbei sind. Drinnen fühlte es sich an wie ein Lottogewinn. Die beiden holen sich Sandwiches und steuern auf die Bar zu. Ich finde es lustig, dass sie quasi für mich mitfeiern. Isobel Markus
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