berliner szenen: Späti mit traurigen Liedern
Der Späti-Verkäufer am Mariannenplatz hört oft traurige Lieder, auf Türkisch oder Griechisch. Ich sage ihm „schöne Musik“ und dann antwortet er „danke“. Er wirkt auf den ersten Blick unsympathisch, zu mir ist er aber nett. Und auch zu der Freundin, mit der ich nach dem Tanzkurs dort Bier trinken gehe.
„Heute alleine?“, fragt er, seitdem sie nicht mehr in Berlin ist. Er trägt eine Schirmmütze und manchmal Nagellack. Es gibt Blumen, ein Fischglas und ein Schild, auf dem „Tabakwaren, Getränke, Eis und ‚Souvenis‘ (statt Souvenirs)“ steht. Oft sind Freunde von ihm da, die Tee trinken und sich auf Türkisch unterhalten.
An diesem Montagabend kommen zwei Männer und der ältere fragt mich, ob bei mir frei sei, obwohl andere Tische auch leer sind. Ich nicke und befürchte, dass er mit mir reden möchte. Ich schreibe gerade meine Notizen und würde ungern davon abgehalten werden.
Er öffnet sich eine Bierdose, dreht sich eine Zigarette und seufzt. Er richtet sich doch nur an seinen Freund, der an ein auf der Straße geparktes Auto lehnt. Sie lachen und mischen in der Konversation einige Wörter oder Sätze auf Deutsch, die ich verstehen kann – „Viertausend Euro“, zum Beispiel. Oder „Warum?“. Irgendwann verabschiedet sich der jüngere und wir bleiben zu zweit zurück.
Der alte Mann steht dann ebenso auf, sehr langsam, als würde sein Bauch hundert Kilo wiegen, und geht. Schade, denke ich, ich fühlte mich doch wohl in seiner Begleitung. Ich schreibe weiter in mein Buch. Dann kommt eine Gruppe junger Menschen, die sich am Nebentisch hinsetzen.
„In 20 Minuten machen die zu“, kündigt diejenige an, die in der Runde Bierflaschen verteilt. „Das schaffen wir, oder?“ „Ja, das schaffen wir …“ Luciana Ferrando
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