berliner szenen: Lachen, bis die Luft ausgeht
Als es dunkel wird, lichten sich die Reihen. An alles hatten wir gedacht – nur nicht an Kerzen. Es ist L.s 45. Geburtstag und die Gruppe, die zum Feiern in der Hasenheide zusammengekommen ist, ist bunt gemischt: Einige sprechen Französisch, andere Spanisch oder Englisch, einige wenige Deutsch. Beim Tanzen zu L.s Cumbia-Playlist spielt Sprache keine Rolle. L. sieht dennoch etwas angespannt aus. Man merkt, dass sie sich sorgt, wie die unterschiedlichen Menschen ihres Lebens sich verstehen. Neben alten und neuen Freundinnen und Freunden treffen auf der Picknickdecke auch Kolleginnen und Nachbarn, Exfreund und Freundin zusammen.
Als es zu Dunkeln beginnt, befinden sich beinahe alle auf der Tanzfläche. Ein winziger Rest bleibt sitzen und nutzt die Taschenlampenfunktion eines Handys, das Büffet anzuleuchten. Irgendwann wird es kühl und alle müssen auf die Toilette. „Wo geht die Party weiter?“, fragt jemand. L. überlegt: „Wir können in eine Kneipe. Oder zu mir.“ Wir beschließen, zunächst das Essen in L.s Wohnung zu bringen. Auf dem Weg machen wir einen Kirschkernweitspuckwettbewerb. In der Wohnung nehmen alle neben einem alten Kachelofen Platz.
Der Erste geht auf die Toilette. Die anderen halten sich bereit, als mit einem Mal ein lautes „Merde“ aus dem Flur zu hören ist. Das Schloss der Badezimmertür ist beim Verlassen des Raums kaputtgegangen und lässt sich nicht mehr öffnen. Mit Hammer, Zange, Schraubenzieher und Brotmesser machen sich alle am Türspalt zu schaffen. Die Tür aber bewegt sich nicht. Letzten Endes gelingt es mit vereinten Kräften: Die Tür lässt sich öffnen. Alle beginnen zu jubilieren. Inmitten des Jubels lockert sich die Tür noch mehr und fällt lautstark aus den Angeln. Auch L. wirkt gelöst: Sie lacht und lacht, bis ihr die Luft ausgeht.
Eva-Lena Lörzer
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