berliner szenen: Manchmal eine Bratwurst
Der Himmel, ein blauer Block am Horizont, die Soundkulisse ein Flickwerk aus Kindergelache, Schlager und dem Klimpern von Glasflaschen. Die Luft ist still, heiß und schwer. Manchmal tragen milde Windstöße Bratwurst-und-fertig-mariniertes-Steak-Aroma herüber. Unser vergilbter Mischkulturrasen, von perfekten, frisch-grünen Parzellen umgeben, sticht ins Auge.
Die Wasserpumpe, noch aus der Weimarer Republik, hat schon wieder den Geist aufgegeben. Unser Kleingartennachbar Micha steht uns schwitzend in kurzer Hose und rahmenloser Brille ein wenig zu nah gegenüber und erklärt, was unser Hippie-Vorgänger mit der Pumpe alles falsch gemacht habe. Wenn wir uns von Toom den richtigen Abdichtungsring holen würden, dann tausche er ihn für uns aus. Wir bedanken uns, berührt. Unseren Dank lehnt er ab – ist doch eine Selbstverständlichkeit. Er legt uns aber nahe, eine elektrische Pumpe einbauen zu lassen. Der André an der nächsten Ecke könne uns helfen. Micha schaut besorgt in unsere Plastetonne rein – Wasserstand drastisch niedrig. „Und was schwebt denn da …?“ Er beugt sich über die Tonne, um die glänzenden Objekte besser zu erkennen. „So kühlt ihr also euer Bier! Herrlich!“ Wir können selber nur lachen. Auch der andere Nachbar, der sich an diesem Theaterstück beteiligt hat, bekommt einen Lachanfall. Fünf alternative Jugendliche, zwei alteingesessene Kleingärtner: Wir feiern alle ab. Schweiß und Lachtränen sind nicht mehr voneinander zu entscheiden.
Am Abend sitzen alle wieder in ihren Gärten. Wir haben die Schnäpse rausgeholt und hören Punk. Aber nicht laut! Wir wollen nicht stören. „Kash!“, ruft Micha mich vom Zaun. Seine Aussprache meines Namens amüsiert mich, also habe ich ihn nie korrigiert. „Kash! Sag mal, willst du manchmal eine Bratwurst?“ Nina Kashi Street
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