berliner szenen: Kuschlige Wärme zu kaufen
Ich liebe Wärmflaschen. Es ist eine brodelnde, warme, kuschelige und stete Liebe, die sich wie eine verlässliche Größe durch mein Leben zieht. Wärmflaschen begleiten mich in jeder Lage. Selbst, wenn ich nur für eine Nacht irgendwohin verreisen muss, habe ich zumindest eine kleine Wärmflasche dabei.
Vor Kurzem stehe ich in einem Kaffeegeschäft, das meist ziemlich lustige, weil unnütze Dinge verkauft. Es gibt ganze Seiten, die sich mit diesen Dingen beschäftigen. Haushaltgeräte wie der mitzählende Flaschenöffner, Butterstempel oder der praktische Bananenschneider sind nur Beispiele. Diesmal aber liegen in den Regalen Wärmflaschen. Ich staune. Wärmflaschen in allen Größen und Formen. Ich stehe lang vor dem Regal und überlege. Es gibt Wärmflaschen mit kuscheligen Bezügen. Sogar eine für die Schultern. Der Impuls, eine neue Wärmflasche zu kaufen, ist groß, und nachdem ich mir eine winzige aussuche, die nur etwas größer ist als meine Hand, stelle ich mich damit an der Kasse an.
„Ach ja, die ist gut“, sagt die Verkäuferin. Sie ist blond und ein wenig älter als ich.
Ich nicke und sage: „Gegen Regelschmerzen.“
„Es gibt aber auch eine, die man sich umbinden kann. Wie eine Umarmung fühlt sich das an.“ Sie geht mit mir vor das Regal und zeigt sie mir. „Seitdem ich die habe, ist mein Mann richtig sauer mit mir, weil da immer dann schon die Wärmflasche klemmt, bevor er sich anlegen kann.“ Wir lachen.
„Und wenn man seine Tage hat, finde ich die auch wirklich gut“, sagt sie und zeigt mir eine mittelgroße. „Die ist nicht so schwer, wenn sie befüllt ist.“ Ich nicke.
Eine ältere Frau hört zu und sagt: „Ist das hier etwa der Wärmflaschenclub? Dann bin ich auch dabei. Mein Mann hat sich damals von mir getrennt wegen meiner Wärmflasche.“
Isobel Markus
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