piwik no script img

berliner szenen10.000 Euro Ablöse in Spandau

Ich suche eine Wohnung in Spandau. Doch Freunde hören nur von Zwischenmietmöglichkeiten in anderen Bezirken. Trotz Premium-Mitgliedschaften bei den einschlägigen Portalen und zahlreichen Bewerbungen bekomme ich nicht einmal Absagen und die Anzeigen werden meist binnen Stunden wieder gelöscht. Die Antworten auf meine Suchinserate beschränken sich auf Menschen, die schreiben: „Ziehe gerne bei Dir ein“, Männer, die meinen, ich könnte umsonst bei ihnen wohnen und Zuschriften wie: „Ladenwohnung steht leer. Sie ist nicht beheizbar, aber besser als nichts?“

Als ich bereits verzweifelt bin, erzählt eine Freundin, die Mieter ihrer Spandauer Eigentumswohnung wollten ausziehen. Es gebe nur einen kleinen Haken: Sie hätten einen Bekannten, der ihnen 10.000 Euro Abstand für ihre Möbel biete und wollen ihn als Nachmieter. Rechtens ist das nicht. Aber die beiden sind in einer verzweifelten Lage: Er hat seinen Job verloren, sie ist hochschwanger. Die Freundin schlägt vor, das Paar zu treffen und eine Lösung zu suchen.

Bei unserem Besuch finden wir in der Küche drei amerikanische Kühlschränke vor, im Wohnzimmer einen wackligen Spanholzschrank, einen Plasmafernseher und eine vier Meter lange Kissensitzecke. „Warum so viele Kühlschränke und Sitzkissen?“, frage ich erstaunt. Er lacht: „Wenn die Familie kommt, müssen wir viele bewirten.“ Eine Stunde lang diskutieren wir über eine angemessene Abschlagszahlung. Ich erkläre, dass ich für die Küchenzeile zahlen würde, nicht aber für die Kühlschränke und die Möbel.

Als wir die Wohnung verlassen, meine ich: „Wer bitte zahlt für die Sachen 10.000 Euro?“ Die Freundin rollt ihre Augen: „Ihr Bekannter. Aber was soll ich tun? Ich kann sie nicht rausschmeißen. Und ohne den Abstand gehen sie nicht.“

Eva-Lena Lörzer

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen