berliner szenen: Kein Urlaub vom Krieg
Zwei Wochen Urlaub in Litauen liegen hinter uns. Der Krieg in der Ukraine ist dort im Stadtbild deutlich präsenter als in Berlin. An allen öffentlichen Gebäuden in Vilnius weht neben der litauischen auch die ukrainische Fahne, an vielen privaten Häusern auch. Bierbrauer drücken ihre Solidarität an Kneipentüren mit blau-gelben „Brewers for Peace“-Aufklebern aus. Und an den Bussen steht im Wechsel mit dem Fahrtziel „Vilnius♥Ukraine“. „Man könnte meinen, Litauen sei ukrainisch besetzt“, sagt der 16jährige. Dass man Bahntickets nicht wie sonst hatte online kaufen können, erklärt mir die Frau am Bahnhof von Klaipeda mit den Worten „Das sind russische Hacker, die unsere Seite lahmlegen.“
Auf der Kurischen Nehrung wird es zwar weniger mit den Flaggen, aber auch hier kann man den Krieg nicht ignorieren. Ein sonniger Tag am Strand, plötzlich ein ohrenbetäubender Knall. Ich schrecke auf und starre auf die Ostsee. Ist das ein russisches Kriegsschiff am Horizont? Immerhin ist die Enklave Kaliningrad nicht weit. „Ach, das ist von dem Manöver in Klaipeda“, sagt meine litauische Freundin seelenruhig. Und das am Horizont, das sei eine Bohrinsel. Die könne ich da auch morgen noch sehen. Nun ja. Noch einmal hören wir so lautes Geräusch, irgendwann am späten Abend, über dem Kurischen Haff.
In unserer ersten Nacht in Berlin werde ich von einen ohrenbetäubenden Knall wach. Endlich Regen und Gewitter! Ich will auf den Balkon, um mir das anzusehen. Im Wohnzimmer sitzt mein Mann völlig verstört auf der Couch. Wegen Rückenproblemen hat er die Nacht auf der Isomatte verbracht. „Ich bin aufgewacht und wusste gar nicht, wo ich bin. Ich dachte, ich sei noch in Litauen, und jetzt würde es endgültig losgehen“, sagt er verschreckt. Erholung im Urlaub sieht anders aus. Gaby Coldewey
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