berliner szenen: Radeln und rechnen
Wir sitzen mit zwei Fahrrädern im Regionalzug nach Frankfurt (Oder). In dem Abteil für Fahrräder, Kinderwagen und Ähnliches. Suboptimal geregelt, weil es dort Klappsitze gibt, auf denen man sitzen kann, aber gegen die man eben auch die Räder lehnen soll. Da hat jemand nicht mitgedacht. Sitzt dort jemand ohne Rad, müsste er aufstehen, wenn jemand mit Rad kommt. Was er/sie aber selten freiwillig tut. Das macht oft Stress. Beim Einsteigen war das Abteil fast leer. Wir lehnen also die Fahrräder an und setzen uns auf die Plätze daneben. Gegenüber sitzt ein Pärchen, ebenfalls mit Rädern. Dann steht da noch ein Kinderwagen. Es ist also schon ziemlich voll. Der restliche Wagen hingegen erfreulich leer. Kurz hofft man auf eine entspannte Fahrt.
Am Alexanderplatz steigt eine Familie ein: eine junge Mutter, ein vielleicht dreijähriger Junge und die noch recht jungen Großeltern. Frauen und Kind quetschen sich auf die drei freien Klappsitzen neben uns. Der Opa bleibt stehen. „Müssen da die Fahrräder stehen?“, fragt die Oma leise und vorwurfsvoll. „Ja, hier ist der Platz dafür“, sagt meine Tochter und zeigt auf die entsprechenden Piktogramme. Die Oma grummelt weiter. „Wir zahlen ja auch für die Räder“, sage ich bemüht freundlich. „Wie jetzt, die kosten extra?“, zeigt sich die Oma verblüfft. Jetzt schaltet sich der Opa ein: „Was kostet das denn?“ Eine Fahrradtageskarte für ganz Berlin und Brandenburg kostet 6 Euro. „Das ist aber teuer!“, sind sie sich einig. „Aber da ist dann Ihre Fahrkarte schon mit drin, oder?“ Nein, natürlich nicht.
Ob 6 Euro dafür, sein Fahrrad einen Tag per Bahn durch Brandenburg zu bewegen, viel oder wenig ist, ist natürlich relativ. Auf jeden Fall haben sie jetzt Stoff zum Nachdenken. „Fahren Sie vorsichtig!“, ruft der Opa uns nach, als wir in Fürstenwalde aussteigen. Gaby Coldewey
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