berliner szenen: Hauptsache ein Negativ-Ergebnis
Ein Sonntagabend in Schöneberg. Ich bin auf dem Weg nach Hause, als mir einfällt, dass ich für meinen Freibadbesuch am Montag um halb acht noch einen Test brauche. Alle Teststationen, an denen ich vorbeifahre, haben sonntags zu. Bis auf eine in einem Keller-Spielsalon. Draußen steht ein Mann in grünem Plastikumhang. Minimale Hygiene scheint also schon mal gegeben. Und hab ich eine Wahl?
Also rein. In dem Kellerraum sitzen zwei Teenager an einer Bar und nehmen meine Daten auf. Dann diskutieren sie darüber, wie man eigentlich eine PDF-Datei mit dem Kopierer erstellt. Ich setze mich in einen plüschigen Sessel. Als meine Augen sich an das Dämmerlicht gewöhnt haben, sehe ich mich um. Außer mir, dem Mann und den Jugendlichen ist niemand in dem Raum. An den Wänden Bilder mit spärlich bekleideten Frauen. In einer Ecke eine Kiste mit Apfelsaftflaschen.
Der Mann in Grün schiebt mir ein Wattestäbchen in den Mund und sagt was von „Zunge ganz nach oben“. Ich habe in keinster Weise das Gefühl, dass er weiß, was er da tut. Aber das kann täuschen. Zehn Minuten später hab ich den Negativwisch.
Am Wochenende drauf, Teststation im Einkaufscenter: irre lange Schlange. „Da war gerade ein positives Testergebnis, deshalb dauert das jetzt“, sagt eine Frau vor mir. Es gibt Leute mit Termin und solche ohne, aber „das macht nichts“, sagt der junge Mann, der die Warteschlange abschreitet und Zettel verteilt.
Drinnen leg ich meinen Ausweis vor und sage, dass ich mein Ergebnis gleich haben will. Eine junge Frau bohrt lange mit dem Stäbchen in meiner Nase. Dann warte ich draußen gefühlt eine halbe Stunde auf das Ergebnis. Ob das wirklich meins ist, was ich da nach mehrmaligem Nachfragen ausgehändigt bekomme, zweifle ich an. Aber vielleicht ist das auch alles ganz egal.
Gaby Coldewey
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