berliner szenen: Die Drogerie, das Es und das Über-Ich
Vor einigen Tagen stieß ich auf einen Artikel, der sich mit der Frage beschäftigte, warum so viele Frauen die Drogeriemarktkette dm mögen. Das ist sicher keine Frage, die man in der Wichtigkeitsskala von Fragen, die uns beschäftigen sollten, nach oben setzen würde, aber egal.
Auch mir ist eine weibliche Affinität zu diesem Laden schon aufgefallen. Zumindest wirkt der Frauenanteil, besonders von Frauen mit Kleinkind, überproportional, wenn ich mal wieder die Regale abklappere, auf der Suche nach einem bestimmten Produkt. Irgendwann habe ich die Theorie aufgestellt, dass Rossmann das Es unter den Drogeriemärkten ist, während dm das Über-Ich symbolisiert. Die Begründung ist folgende: bei Rossmann gibt es neben gesunden Produkten, mit denen unser Über-Ich im Reinen ist, im Gegensatz zu dm auch die „bösen“ Produkte, nach denen unser Es, unsere Triebe greifen: Zigaretten, Alkohol oder Süßigkeiten, die erst gar nicht so tun wollen, als wären sie gesund. Als ich am Donnerstag in einem dm-Markt gerade dabei war, an der Kasse meine Einkäufe zu verstauen, hörte ich den Kunden nach mir die Kassiererin fragen: „Verkaufen Sie hier denn keine Zigaretten?“
Die Kassiererin schaute den Mann erst so an, als ob ihr diese Frage noch nie untergekommen sei, und meinte dann, dass es grundsätzlich keine Zigaretten bei dm geben würde. „Da verwechseln Sie wohl dm mit einer anderen Drogeriemarktkette“, sagte die Kassiererin noch.
Daraufhin gab der Kunde etwas kleinlaut wirkend zu, dass er bisher noch nie einen dm betreten hätte. „Meine Frau hat mich geschickt“, fügte er hinzu. Ich musste schmunzeln. Nicht nur, weil in seiner Antwort etwas Klischeehaftes steckte, sondern auch, weil er mich wieder an meine Theorie vom Es und Über-Ich erinnert hatte.
Eva Müller-Foell
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