berliner szenen: Dann doch lieber mit dem Zug
Wieder beim Hunde-Opa, das Kind und ich. Diesmal holt uns mein Vater mit dem Auto ab, weil das Bahnfahren neulich so ätzend war (siehe Berliner Szene vom 9. 7.). Mein Sohn ist begeistert. „Auto, Auto, Opa, Opa, Wauwau!“ Er überschlägt sich fast. Eine Stunde später, wir hängen auf irgendeiner Landstraße am Liepnitzsee fest. „Nur Berliner!“, schimpft mein Vater. Mein Sohn sitzt mit rotem Kopf im Kindersitz, die Haare kleben ihm an der Stirn. „Mäuschen, geht’s dir gut?“, frage ich nach hinten. „Tuuug!“, sagt er bittend. Ich nicke. Mit dem Zug wären wir schon zweimal da. „Zurück fahren wir mit dem Zug, mein Schatz! Jetzt fahren wir erst mal Auto. Möchtest du was trinken?“ – „Eis!“ Das Eis von der Tankstelle schmeckt so widerwärtig, dass ich den einen Bissen, den ich nehme, aus dem Fenster spucke. Meinem Vater reicht der Geruch, nicht mal die Hunde rühren es an. Mein Sohn vertilgt das Klebrig-Kalte und ist glücklich.
Am Ende eines Sommertages, das Kind und ich sind längst wieder zu Hause, schreibt mein Vater: „Seid Ihr gut nach Hause gekommen? Ich war von dem vollen Zug etwas geschockt.“
„Papa!“, schreibe ich zurück. „Das war kein voller Zug. Nicht mal, als in Eberswalde und Bernau noch mehr Leute mit Fahrrad einstiegen, weil die S-Bahn nicht fuhr. (Der Zugführer musste kommen und die Hälfte der Leute mit Rädern wieder rausschmeißen.) Ich konnte stehen, ohne angerempelt zu werden, die Leute waren rücksichtsvoll, niemand hat deinen Enkel geschubst. Das war eine wirklich entspannte Fahrt. Die Hinfahrt neulich zu dir war schlimm. Da standen in dem kleinen Vorraum doppelt so viele Leute. Und die hatten alle schlechte Laune. Das heute war völlig harmlos. Und das Allertollste und wirklich Unerwartete: Die Klimaanlage funktionierte!“
Lea Streisand
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