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berliner szenenDer Name und das tolle Amt

Ich bin beim Gesundheitsamt, rote Karte. Die besagt, dass man Ahnung vom hygienischen Umgang mit Lebensmitteln hat, und ist recht einfach zu kriegen: Man muss ein Video anschauen und einen Zettel mit Hinweisen lesen. Aber dann muss man auch noch seinen Namen angeben, und das ist dann doch schwierig, find ich. Weil: welchen? Bei der Hälfte meiner Ausweise steht „Joey Juschka“ drauf, bei der anderen Hälfte was anderes; bei manchen auch beides, zum Beispiel bei Pass und PA.

Und hier jetzt?, überleg ich. Joey Juschka, beschließe ich und sag das dann auch zu dem Mann, der hinter dem Tresen steht und Namen auf rote Karten schreibt. „Den hier, bitte!“ Ich zeige drauf.

Er zögert. „Künstlername, aha. Hatten wir noch nicht. Sollte aber gehen.“ Und schon tippt er den Namen ab, in den Computer. Dann hält er inne, schaut mich an, meinen Perso. „Also, auf dem hier sind Sie ja ‚weiblich‘. Bei ‚Joey‘ jetzt aber schlägt der Computer ‚männlich‘ vor als Geschlecht.“

„Ja“, sage ich.

„Ja“, sagt auch er und zeigt plötzlich an mir vorbei zur Tür. „Schließen Sie die doch mal! Muss ja nicht jeder mithören, das ist doch privat!“

„Ja“, sag ich erneut und bin ganz verblüfft über so viel Umsichtigkeit auf einem Amt. Als ich wieder am Tresen steh, tippt er schon wieder.

„Ich hab jetzt also mal ‚männlich‘ gelassen“, sagt er, und ich bin jetzt nicht nur ein bisschen verblüfft, sondern total. Ist es wirklich so einfach, sein Geschlecht zu wechseln auf einem Amt? Schon händigt er mir die rote Karte aus, ganz ordentlich mit „Herr“ vor „Joey Jusch­ka“ drauf. Er lächelt.

Ich lächele zurück, auch wenn mir das „Herr“ vor meinem Namen nicht superwichtig ist. Aber der Umgang damit um so mehr, auf Ämtern, und generell, und der war eindeutig toll. Also lächle auch ich. „Danke“, sage ich. „Toll!“ Joey Juschka

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