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berliner szenenSchrippen zum Herrentag

An Christi Himmelfahrt war ich mit meiner Schwester auf einem Open-Air-Festival im Volkspark Friedrichshain. Wir tranken viel Bier, was zur Folge hatte, dass wir viel auf Toilette mussten. Nur leider war es auf und außerhalb des Festivalgeländes schwierig, ein stilles Örtchen zu finden, vor dem man nicht eine halbe Stunde anstehen musste. An der parknahen Tankstelle stand auf einem Zettel „Toilette defekt“. Auf die Frage, ob sie ausgerechnet heute defekt wäre, antwortete der Tankstellenwart mit einem grinsenden „Vielleicht“. Ein klarer Fall von Beschiss.

Also liefen wir weiter. Ein paar Minuten später stolperten wir in eine Alt-Berliner Kneipe. Den „Egoisten“ von Falco konnte man schon von draußen vernehmen. Ein schönes Lied zum Herrentag, dachte ich mir, als ich endlich das stille Örtchen gefunden hatte. Als wir wieder am Tresen standen, um uns beim Kellner für den kostenfreien Toilettengang zu bedanken, sprach mich ein älterer Typ an, der mit halbleerem Bier am Tresen hing. „Ey, wollt ihr Schrippen? Heute ist Herrentag!“, sagte der Kerl, schon leicht lallend. Ich schaute zu meiner Schwester. „Hast du Hunger?“, fragte ich sie. Sie schüttelte den Kopf. „Im Hinterzimmer“, sagte der Typ weiter und zeigte auf einen anderen Raum. „Nee, danke“, antwortete ich, wobei ich schon ein bisschen Lust auf eine Schrippe mit Käse oder so gehabt hätte. So ganz geheuer schien mir dieses Angebot aber auch nicht zu sein. „Ach kommt schon, heute ist doch Herrentag“, sagte der Beschwipste wieder. „Nee, heute ist Väterinnentag“, entgegnete ich und freute mich über das Wort, das ich von einer Werbung geklaut hatte. Verdutzt schaute der Kerl drein und meinte: „Versteh ick nicht.“ Draußen, auf dem Weg zurück zum Festival, lachte meine Schwester plötzlich auf: „Strippen! Der meinte strippen und nicht Schrippen!“ Eva Müller-Foell

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