berliner szenen: Ein riesiges rosa Kaninchen
Der verbreitete Move, seinen Müll anstatt in den nächsten Abfalleimer, in Radkörben oder auf Gepäckträgern fremder, abgestellter Fahrräder abzulegen, gehört zu den wohl rätselhaftesten Unsitten der Antisozialen dieser Stadt. Warum pfeffern sie ihr Zeug nicht einfach in die Gegend? Das wäre wenigstens konsequent. Aber nein, das geht auch nicht, dann schmerzte ihr kleines Spießerseelchen, das sie ja im Grunde haben. Das sie sind. Sie ertragen keine Anarchie. Unordnung wollen sie zwar machen, aber nicht sehen.
Also räumen sie auf, ohne zu entsorgen. Das ist wie fremdzugehen und dabei nonstop ein schlechtes Gewissen zu haben. Ein bisschen schwach, ein bisschen schizo und rundum eine ärgerliche Verschwendung menschlichen Geistes und menschlicher Energie.
Ich bin ja wirklich ein Ausbund an Friedlichkeit. Ich lass mir fast alles gefallen. Ich bestatte tote Ameisen und richte im Sturm geknickte Gänseblümchen wieder auf. Wer mich sieht, denkt, na nu, was hoppelt denn da für ein riesiges rosa Kaninchen freundlich mümmelnd durch die Straßen, doch es gibt eine einzige Ausnahme: Jedes Mal, wenn ich auf meinem Gepäckträger einen dieser eh schon umweltschweinösen Kaffeebecher finde, tagträume ich davon, wie ich dem Verursacher im Schreiton, der sich exakt im Takt mit meinen Hammerschlägen befindet, mit denen ich ihm jeden Knochen beider Hände einzeln breche, über den Grund dieser Maßnahme unterrichte: „Wie – Schlag – sieht – Schlag – ein – Schlag – Mülleimer – Schlag – aus? – Schlag – Und – Schlag – was – Schlag – ist – Schlag – das – Schlag – hier?“
Das stelle ich mir vor. Doch leider ist von dem Übelwicht weit und breit nichts zu sehen. Das Bürschchen hat offenbar gerochen, mit wem es hier zu tun hat, und vor dem Strafgericht das Weite gesucht. Uli Hannemann
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