berliner szenen: Mit Furor unterm Arm desodoriert
Wir waren mit der Fußballnationalmannschaft der Autoren (so etwas gibt es wirklich!) in Wien gewesen und flogen nun zurück nach Berlin. In der U-Bahn zum Flughafen bemerkte Herr M., dem bis dato noch nie auch nur der kleinste Fehler unterlaufen war, weder in seinem Fußballtor noch in seiner Lebensführung, geschweige denn in seinen Tennisromanen, dass er ja um 11.20 Uhr abflöge, derweil wir anderen alle einen Flug um Punkt elf hatten. Und das sei doch aber ordentlich komisch, wie dicht die Flugfolge von Wien nach Berlin sei. Komisch, aber auch angenehm.
Sein Flugfahrschein trug jedoch, wie sich herausstellte, das Datum vom Vortag. Damit waren wir Zeugen seines allerersten Fehlers überhaupt geworden, ein schöner Moment für uns, ein schlechter jedoch für ihn. Als Autor hat man ja von der Pike auf gelernt, dass es verschiedene Perspektiven für die scheinbar gleiche Sachlage geben kann.
Im Flugzeug saß ich dann auf einem Mittelsitz. Als Mittelkind hasste ich diese ins Mediokre eingezwängte Lebenslage bereits per se wie die Pest. Als sich die junge Dame am Fensterplatz mit demonstrativem Furor unter den Armen desodorierte, was ihr wegen des ärmellosen Tops aufwandsarm möglich war, sann ich darüber nach, dass ich womöglich exakt 1 T-Shirt mehr hätte einpacken sollen. Scheißhandgepäckregelung der Elendsanbieter – da fällt wirklich alles auch nur minimal Verzichtbare hintenrunter.
Hoffentlich kriegte die nicht raus, dass ich Mitglied des Autorenteams war, sonst zementierte ich hier noch unseren öffentlichen Ruf als Stinkschweine. Das aber würde einem Teil von uns gar nicht gerecht. Bei denen passte doch zum Beispiel „Superstinkschweine“ viel besser.
Herr M. war zum Glück mit an Bord. Uli Hannemann
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