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berliner szenenAbends Rückfahrt mit Idioten

Der Tag begann schon schlecht. Das Wasser wurde nicht warm, der Boiler spielte wieder verrückt. Also eine kalte Dusche, egal, ich war eh spät dran. Geschlafen hatte ich schlecht. Erst konnte ich stundenlang nicht einschlafen und schon um halb sieben hatten die Bauarbeiter begonnen, an der Fassade rumzubohren, ich hatte mich trotzdem noch eine Stunde hin- und hergewälzt.

Also Schnelldusche, kein Kaffee, raus. Draußen sah ich schon, nun hatten sie auch den Hinterhof zugebaut, ohne Vorwarnung. Mein Fahrrad war eingestaubt, o. k., das war nun nicht schlimm. Aber das Vorderlicht hing kraftlos an einem Kabel herab, die Arbeiter mussten beim Herummanövrieren mit den langen Stahlstangen dagegengeschlagen haben. Nicht schlimm, nicht schön. Doch das passte zu diesem Tagesanfang. Ich riss die Plastiklampe vom Kabel, denn das Aluteil, an dem es hätte angeschraubt sein sollen, war zerfetzt.

Dann fuhr ich los, schnell, und selbstverständlich waren alle Fußgänger, Auto- und Radfahrer Idioten, wir sind in Berlin, was anderes durfte ich da erwarten? Im Büro dann Chaos, die avisierte Lieferung kam nicht an diesem Tag, wir bekamen das allerdings nicht mitgeteilt, also nervenzerrendes Warten. Zum Tagesende war klar: ein völlig sinnloser Arbeitstag. Anschließend Rückfahrt mit Idioten.

Am Hermannplatz dann, an der Kreuzung Hasenheide, stehe ich mit meinem Rad neben einem Polizisten. Volle Montur. Er sieht mich an, sagt gleichzeitig streng: „Dies ist ein Bürgersteig, Sie dürfen hier nicht fahren.“ Ich, ziemlich aggressiv: „Nein, das ist ein Radweg!“ Und deute nach unten, und ja, der Weg ist hier als Radweg markiert. „Stimmt“, räumt der Polizist freundlich ein, zögert kurz: „Aber Ihr Vorderlicht fehlt.“ Und lächelt: „Eins-eins.“ Und geht. Das hat den Tag gerettet. Jörg Sundermeier

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