berliner szenen: Das konfiszier ich erst mal
Jemand schlägt vor, ob wir nicht noch ein Bier in dieser Kneipe an der Ecke trinken wollen. Der Laden ist laut und voll. Die Stimmung scheint bierselig fröhlich. Wir befinden den Laden für sympathisch und gehen rein. Eine von uns hat noch ein halbleeres Sterni in der Hand. Das wird wohl kein Problem sein, denken wir. Aber – nix da! Kaum haben wir uns an einen Tisch gesetzt, kommt schon der Barkeeper an: „So, das konfiszier ich dann erstmal“, sagt er, schnappt sich das halbleere Sterni und geht wieder.
Nach einer Viertelstunde kommt der andere Barkeeper an unseren Tisch, beugt sich väterlich zu uns herunter, stützt seine Arme auf dem Tisch ab und sagt: „Nicht, dass ihr denkt, wir ignorieren euch, aber um zu bestellen, müsst ihr schon an den Tresen kommen. Das ist hier Selbstbedienung!“ Und geht wieder. Einen Moment lang diskutieren wir darüber, ob wir bleiben sollten oder nicht. Ob es unhöflich wäre, jetzt zu gehen? Wir beschließen zu bleiben, denn in der Nähe gibt es ja sonst keine Kneipe. „Dann hol ich mal Bier“, sagt eine von uns und steht auf.
Da fällt mir dieser Sketch von den Monthy Pythons ein. Er handelt von zwei englischen Touristen im Bavarian Restaurant, die ihr Essen auf ‚traditionelle Art‘ serviert bekommen möchten. Die ‚traditionelle Art‘ beinhaltet Tänze, Gesang, Backpfeifen mit dem Brathühnchen, und zu guter Letzt fliegt der Engländer auch noch aus dem Fenster, das Brathühnchen und die Beilagen hinterher.
Aber gut, ein Vergleich mit jenem Bavarian Restaurant wäre übertrieben. Die Barkeeper haben uns ja nur das Sterni weggenommen, niemand ist verletzt worden. Wir sind trocken geblieben, haben kein Bier abbekommen. Und uns kann auch nicht mehr groß etwas passieren, denn zum Glück gibt es hier ja Selbstbedienung! Uta Chotjewitz
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