berliner szenen: Scharen von Waren
Speckstein
Die Importmesse wurde diesmal extra in die Vorweihnachtszeit gelegt. Damit u-bahnwagonweise Berliner, Berlinerinnen und ihre Kinder dort einlaufen und Geschenke für die Verwandten abstauben können. „Ist ja soviel billiger!“, raschelt eine Dickmadam, während sie sich durch die kenianische Specksteinfigurenkollektion forstet. Eine „Mutter mit Kind“ neben der anderen. „Das ist traditionell“, weiß die Dickmadam, „da gibt es so viele Mütter mit Kindern.“ Gegenüber trommelt sich ein Rastalockenmädchen auf einer bunten Trommel in Trance, der Verkäufer von der Elfenbeinküste sitzt gequält daneben. Aber was schenkt man nun der Tante? Etwas aus Speckstein? Könnte man sie damit beleidigen? Einen Kaschmirschal? „Haben den vielleicht fünfjährige Mädchen 23 Stunden am Tag mit ihren zarten Fingern geklöppelt?“, fragt ein besorgter Rucksackmann. Billig ja, aber Kinderarbeit will man nun nicht. Der Verkäufer beschwichtigt. Die Frage nach der Klimaanlage am Arbeitsplatz versteht er jedoch nicht. Zwischen dem Erstaunen über Dinge, die man bis heute weder gesehen noch gebraucht hat, sitzen die BerlinerInnen an Messeessensständen und schieben Currywurst nach. Und bleiben am Stand mit Windspielen und Traumfängern stehen, die „echte nordamerikanische Reservatsindianer“ gebastelt haben. Fast wie Urlaub, nur nicht so schön. JZ
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