berliner szenen: Darth Vader schwul?
Franzosenfrust
Klang super, was Premiere World mir gemailt hatte: Eine riesige „Wüstenlandschaft“ wollten sie auf dem Platz vor dem Ostbahnhof aufbauen, darin sollte AT-AT, ein Kampfroboter der imperialen Sturmtruppen, auf- und abstampfen, „der sympathische Roboter“ R2-D2 würde „in Lebensgröße“ herumeiern, und, das Beste, Darth Vader und Luke Skywalker würden sich „unter das Volk mischen“. Und zu diesem Star-Wars-Spektakel anlässlich irgendeiner Ausstrahlung (was weiß ich, wer guckt schon Premiere!) würden sie mich gerne einladen.
Klar, dass ich zu so etwas hingehe. Habe schließlich noch nie eine Chance auf ein Gruppenfoto in albernem Kostüm ausgeschlagen.
Schnallte also mein Laserschwert um, griff den kleinen Jungen aus meinem Bekanntenkreis und rannte erst einmal ganz um den Ostbahnhof herum, bis wir merkten, dass die Riesenwüstenlandschaft ein kleines, pappiges Podest mitten in der hässlichen neuen Halle zwischen Blumenstand und McDonalds, war. Der vierbeinige Sturmtruppenböller in der Mitte war nur unwesentlich größer als die Lego-Variante meines Begleiters, okay, er war schon ein paar Meter hoch, aber irgendwie sah er vor der großen Informationstafel mickrig aus. Luke Skywalker dagegen guckte, als ob er aus Ibbenbüren käme, und schäkerte die ganze Zeit mit seinem Todfeind Darth Vader – wie soll man denn so etwas kleinen Kindern erklären?
Schön war eigentlich nur, wie ein Kleinkindchen R2-D2 selbstvergessen am Bauch (bzw. an der Vorderfront) streichelte, der darüber vor Vergnügen quietschte und mit den Dioden plinkerte. Auch Roboter haben Gefühle. Der halbwüchsige Junge aus meinem Bekanntenkreis entdeckte aber sofort den Mann mit der R2-D2-Fernsteuerung, der in der zweiten Etage über dem Geländer hing und nicht mal versuchte, die Remote Control zu verstecken.
Wahrscheinlich ziehe ich bei meinem Bekannten nach diesem schwachen Event eh nicht mehr so richtig als Amüsementtante. Einen Tag vorher hatte ich ihn nämlich schon zum einzigen Besuch Uderzos in Deutschland in die Galeries Lafayette geschleift. Dort saßen wir stundenlang auf klitzekleinen Holzstühlchen, hörten uns Kinderfragen an wie „Warum heißt Asterix Asterix und nicht Obelix oder Idefix?“ und „Warum sieht Latraviata aus wie Falbala?“, bekamen die Gewinnerbilder eines Kinderzeichenwettbewerbs, wässrige Tuschzeichnungen mit zweifelhaftem Inhalt („der Schwanz von Katz tanzt auf den Rhythmus von die Flöt“ sagte der Lafayette-Geschäftsführer zu einem Bild) vor die Nase gehalten und hatten Hunger.
Und danach, als die Pressekonferenz endlich vorbei war und ich mir fast 15 kleine Lafayette-Handtaschen gekauft hätte („man begehrt immer das, was man sieht“, hat Hannibal Lecter schon gesagt, und wenn man mich zwei Stunden in eine Taschenabteilung einpfercht . . .), danach behauptete Monsieur, seine Pfote täte ihm so sehr weh, dass er keine Autogramme mehr schreiben könne. Na, der musste sich auf der Rückfahrt ja nicht das Gejammer anhören, der doofe Franzocke! JENNI ZYLKA
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