berliner szenen: Nur mit Einladung
Feiern statt gucken
Es gibt unterschiedliche Strategien, Pressemenschen am Einlass zu Veranstaltungen abzuwimmeln – sehr gut zieht zum Beispiel die Unwissenheitsmasche. „Ob du dich noch akkreditieren kannst? Keine Ahnung. Was? Ein Pressebüro gibt’s hier nicht.“ Thema erledigt, könnte man meinen. Das „Schwirr ab!“ bleibt unausgesprochen. Doch mit meiner Hartnäckigkeit hat die als Empfangsdame eingesetzte Praktikantin nicht gerechnet. „Na gut, frag mal da drüben nach“, knurrt sie endlich, um mich loszuwerden. In einem hat sie Recht: Ein Pressebüro gibt es wirklich nicht. Doch dank Presseausweis, Überredungskünsten und einigen Mühen mit weiteren PraktikantInnen und Kassendamen bin ich schließlich drin. Seltsam, denke ich mir, sind solche Hürden vor allem dann, wenn die Veranstaltung etwas Promotion dringend gebrauchen könnte. Zuschauerschlangen sind jedenfalls vor dem „ecomove“-Festival für Umweltfilme im Sony-Center Fehlanzeige. Auch im Kinosaal, in dem erst ein Kurzfilm über Korallenriffe und dann der Wettbewerbsfavorit „Bhopal Express“, ein mächtig auf die Tränendrüse drückendes Drama vor dem Hintergrund des größten Chemieunfalls aller Zeiten, läuft, verliert sich gerade mal eine Hand voll Zuschauer. Noch dazu tragen die meisten von ihnen verdächtig offiziell wirkende Plastikkärtchen. Nach der Vorstellung strömen dann plötzlich jede Menge Leute in Abendkleidung ins Foyer – zur „Award Ceremony“, wie ich von einem Kerl mit Anzug und Knopf im Ohr erfahre. Rein kommt man nur mit Einladung, sagt er, „wegen der Sicherheit“, schließlich sind auch Jürgen Trittin und die schöne Königin Noor von Jordanien da. So ist das wohl mit „Umweltfilmen“ – sehen will sie keiner, sie feiern dagegen jeder. DANIEL FERSCH
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