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Archiv-Artikel

berlin/bonn Föderaler Irrsinn

Gerechtigkeit ist meist kompliziert – und oft teuer. Ein „einfaches“ Steuersystem mit Einheitssteuer ist ungerecht – weil es die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Steuerzahler ignoriert. Gerechter, aber komplizierter ist ein System, das Einkommensunterschiede berücksichtigt. Gerecht, aber kompliziert war auch der Hauptstadt-Kompromiss, der 1991 zwischen Berlin und Bonn gefunden wurde.

KOMMENTAR VON RICHARD ROTHER

Demnach wurde Berlin Bundeshauptstadt und Regierungssitz. In Bonn verblieben jedoch mehrere Ministerien sowie die bundeseigenen Unternehmen Post und Telekom. Leider erweist sich dieser Kompromiss heute als teuer: Die Doppelstrukturen in den Ministerien verursachen hohe Kosten. Dennoch wollen Bonn-Fans diesen absurden Zustand nun auch noch im Grundgesetz festschreiben. Sie befürchten zur Recht, dass sich über kurz oder lang durchsetzt, was bisher nur hinter vorgehaltener Hand getuschelt wird: Dieser ökonomische und organisatorische Irrsinn muss schnellstens beendet werden.

Dass Berlin Bundeshauptstadt wurde, war zwar auch teuer – aber historisch richtig und ein Signal an die ostdeutschen Bundesländer, die keine Elendsmetropole, sondern eine halbwegs funktionierende Stadt in ihrer Mitte brauchen.

Als Sitz bedeutender Großunternehmen profitiert Bonn ohnehin von seiner Rolle als Ex-Hauptstadt. Vergleichbare Städte mit regionaler Bedeutung – Rostock, Chemnitz, Bielefeld oder Würzburg – können davon nur träumen. Nicht mal Berlin, dem das reiche Hamburg die Bahn AG weglocken will, hat solch potente Steuerzahler.