beckham, xanadu etc. : Krise des Popstars
Okay, die Reise ist vorläufig zu Ende, der Mann ist garantiert glücklich und finanziell sowieso bestens ausstaffiert, da kann man nichts wollen. Frührente mit Anfang dreißig, tolle Sache, und das auch noch mit Bezügen, die selbst dem alten Raffke Ballack in London puterrot vor Neid werden lassen.
David Beckham in Los Angeles, das ist nicht nur die Flucht von der gescheiterten Galaxie Madrid in die Operettenwelt des kalifornischen Fußballs der Los Angeles Galaxy, kernig wie Popcorn, herausfordernd wie ein Pokalmatch der Bayern gegen den SV Meppen. Das ist auch der teuerste Treppenwitz der Fußballgeschichte, eine satte Viertelmilliarde Dollar schwer. Und all diejenigen, die ihm jetzt Flucht vor der madrilenischen Konkurrenz vorwerfen und die mutmaßliche Lauffaulheit des Briten geißeln, sollten einen Moment innehalten.
Denn hat sich nicht alles so gefügt, wie es sein soll? Ist Beckham nicht genau dort angekommen, wo er hingehört? Das ganze Leben war doch wie eine Soap, angelegt auf ein märchenhaftes Ende in einem märchenhaften Schloss.
Von dem Zaster kann Beckham jetzt ein paar Xanadus nachbauen lassen und verrückt werden. Oder er gründet eine Produktionsfirma und wird Hauptdarsteller im eigenen Film: „Beckham: Ein Leben auf dem Standstreifen“. Vermutlich kann er demnächst herüber laufen zu den Filmstudios, wenn er gerade mal aus dem Pool gestiegen ist. Denn auf Zelluloid machte er sich in den letzten Jahren meistens sowieso besser als auf dem Platz.
Vielversprechend war sein Debüt: In einem Werbespot gab er den Gladiator mit ein paar anderen Matadoren des Weltfußballs. Wer den jungen Mann mit den eher weichen Gesichtszügen die Rolle nicht abkaufte, der verkannte, welchen Part der Auftraggeber spielte: Es war ein Softdrinkhersteller. Doch ganz gleich, wie die Perspektiven des Nachwuchsmimen außerhalb des Feldes zu werten sind, Beckhams Wechsel illustriert neben all den wirtschaftlichen und cineastischen Falltoren prächtig: Der Typus Popstar unter den Kickern ist tief in die Krise gerutscht.
Madrid war noch nie ein sonderlich gutes Pflaster für solche Typen, man denke nur an unseren Günter Netzer. Oder an Antonio Cassano. David Beckham war mutmaßlich der letzte seiner Art, weil Ronaldinho abseits des Rasens ungefähr den Glamourfaktor eines Per Mertesackers hat. Muss eben alles funktionieren in der Fußballmannschaft, da bleibt keine Zeit für aufwändige Friseurbesuche. Hoffnung gibt den Freunden des glitzernden Kicks einzig eine Botschaft aus den nahen Italien: Francesco „Mama Roma“ Totti will demnächst wieder für den Weltmeister spielen. Na dann.
STEFAN OSTERHAUS