ausstellung : Aus der Werkstatt der Kupferstecher
Kunst ist Geschmacksache. Doch wer Kunst verstehen will, muss etwas darüber wissen. Das Wallraf-Richartz-Museum Köln widmet sich der Aufklärung des Betrachters besonders im Bereich der Grafik schon seit Jahren. Mit der Ausstellung „GraphikSehen“, die morgen beginnt, fügt sie dieser Arbeit ein neues Glanzstück hinzu.
Eine „pädagogische“ Ausstellung bietet zwangsläufig viel Text, doch 230 exquisite Bilder belohnen den Besucher. Fast alle kommen aus der hauseigenen grafischen Sammlung, die rund 70.000 Arbeiten aus 700 Jahren umfasst. Museum Ludwig und Käthe-Kollwitz-Museum liehen einige Werke der Moderne aus. Gezeigt werden bekannte Namen wie Dürer, Piranesi, Daumier, Munch oder Picasso, aber auch viele Unbekannte oder gar anonyme Künstler. Anschaulich erklärt werden die Techniken Hochdruck (Linol- und Holzschnitt), Tiefdruck (Kupferstich, Radierung) und Flachdruck (Lithografie).
Wer in der Ausstellung auf Entdeckungsfahrt geht, sollte sich mit einer Lupe bewaffnen, um Details zu erkennen oder die subtilen Farbübergänge etwa bei Renoir oder Heinrich Sintzenich (1782), der nicht wie üblich jede Farbe mit einer eigenen Platte druckte, sondern eine Platte für jeden Druck aufs Neue bemalte und so eigentlich „Monotypien“ herstellte. Spannend ist immer der Vergleich mehrerer „Druckzustände“ einer Grafik. So hat Käthe Kollwitz ihr Antikriegsbild „Die Freiwilligen“ von Druck zu Druck weiter entwickelt, fügte erst einen Regenbogen, dann einen Strahlenkranz hinzu.
Druckgrafiken waren für die Künstler eine willkommene (Neben-)Einnahme. Rubens beschäftigte Kupferstecher, die seine Gemälde kopierten und so preiswert an die Käufer brachten. Rembrandt machte es gleich selber. Andere lebten davon, auf eigene Rechnung große Meister inklusive deren Signaturen „abzukupfern“.
Auf der anderen Seite war die Möglichkeit der Vervielfältigung auch hervorragend geeignet, eine Botschaft zu verbreiten. Sei es, etwa mit Andachtsbildern, eine religiöse oder eine politische. Goya „informierte“ so über die Gräuel des Krieges. Und nicht erst Toulouse-Lautrec setzte Kunst in der Werbung ein. Wenn dann Botschaft, Technik und Ästhetik zusammen ein Meisterwerk ergeben, freut sich der Betrachter. Dazu hat er 230 Mal allen Grund. JÜRGEN SCHÖN
„GraphikSehen: Techniken – Gestaltung – Ziele“: Wallraf-Richartz-Museum Köln, bis 2. Januar, Di 10-20 Uhr, Mi-Fr 10-18 Uhr, Sa und So 11-18 Uhr, Katalog 15 Euro