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Archiv-Artikel

ausstellung Grobes und Feines verschachtelt

Joseph Faßbender war nach 1945 einer der wichtigsten rheinischen Künstler von internationalem Rang. Mit seinen abstrakten Gemälden fand die deutsche Kunstszene wieder Anschluss an die internationale Kunst, den sie durch die Politik der Nationalsozialisten verloren hatte. Mit seinen „Donnerstag-Gesellschaften zu Alfter“ machte er 1947 die Bevölkerung mit zeitgenössischer ausländischer Kunst, Literatur und Theater bekannt. Er starb Anfang 1974 im Alter von 71 Jahren in Köln. Das Rheinische Landesmuseum Bonn gibt nun einen Überblick über das Schaffen des „documenta I“-Teilnehmers und langjährigen Leiters der Düsseldorfer Kunstakademie, der zu Unrecht etwas in Vergessenheit geraten ist.

Faßbenders Frühwerk ging im Krieg fast vollständig verloren. Zwei gerettete Landschaftsbilder, entstanden 1929 und 1934 im spätexpressionistischen Stil, sind in Bonn zu sehen. Anhand von 80 Gemälden, Grafiken und Zeichnungen lässt sich seine Entwicklung nach 1945 vom Gegenständlichen zur reinen Abstraktion ablesen. Sein wesentliches Kompositionsprinzip besteht darin, eine große Fläche immer weiter und komplexer aufzuteilen. Dabei verschachtelt Faßbender Hell und Dunkel, verschränkt amorphe Flächen und geschwungene Linien, setzt Grobes neben fein Ausdifferenziertes.

Die Linie ist dabei das zentrale Ordnungsprinzip des Künstlers, der ein hervorragender Zeichner war. Die Flächen füllt er mit Farbe, ohne dass seine Bilder dadurch bunt werden, oder mit fein gezeichneten, kristallin oder organisch anmutenden Strukturen. Der Betrachter kann hierin, so er will, Gegenständliches wie Pflanzen, Häuser oder Menschen erkennen. Diese „aktive Sehleistung“ wird von Faßbender sogar gezielt gefordert.

Seine Formensprache, die viele Designer der Nierentisch-Epoche zu flachen Nachahmungen inspirierte, setzte Faßbender auch in Plakaten, Büchern, Reliefwänden, Wandteppichen und Bodenmosaike um. Hierfür zeigt die Ausstellung eindrucksvolle Beispiele. Vor Ort zu sehen ist ein 5 x 11 Meter großer Wandteppich im Muschelsaal des Kölner Rathauses. Vor dem WDR Ecke Breite Straße/Am Berlich gestaltete er 1968 die Pflasterung.

Die wurde „inzwischen durch einen Brunnen entstellt“, heißt es dazu etwas kryptisch im Ausstellungskatalog, der im DuMont Literatur und Kunst Verlag erschienen ist. Dazu eine kleine Ergänzung: Der Brunnen ist der „Zeitungsbrunnen“ zur Erinnerung an Marcus DuMont, der 1807 den Verlag DuMont Schauberg gründete und die Kölnische Zeitung verlegte, die Vorläuferin des Kölner Stadt-Anzeigers. Eben dieser Verlag drückte den Brunnen 1986 gegen heftige Proteste von Denkmalschützern als „Geschenk“ an die Stadt durch und zerstörte so den Gesamteindruck von Faßbenders Mosaik.

Jürgen Schön

„Joseph Faßbender: Verwandlungen“: Rheinisches Landesmuseum Bonn, Colmantstr. 14-16, bis 20.2., Di, Do, Sa 10-18 Uhr, Mi und Fr 10-21 Uhr, So 11-18 Uhr, Katalog 24 Euro