ausgehen und rumstehen : Der Stress von schönen Tagen
Ein Glück, das Wochenende ist vorbei, es war schwierig dieses Mal! Kein Wunder, wenn das Ausgehen schon am Dienstag anfängt. Im Festsaal Kreuzberg hatten nämlich, wie immer dienstags, die Verbrecher getagt und das gemütliche Beisammensein nach dem Dietmar Dath/Jens Friebe-Event forderte seinen grausamen Tribut. Da bleibt am Tag danach nur das geduldige Liegen und Leiden.
Gleichzeitig lebt man zurzeit in dem Bewusstsein, dies sei nun der letzte schöne Spätsommertag – so kamen am Mittwoch das wehmütige Endsommerwetter und der dumpfe Schmerz im Kopf ungut zusammen. Frische Luft hilft doch angeblich gegen so vieles, und wer den letzten Sommertag liegend in abgedunkelten Räumen verbringt, wird es vielleicht bald bitter bereuen! So wurde der schwächelnde Körper ignoriert und ein Badeausflug geplant, das Strandbad Müggelsee ist ja immer noch geöffnet.
Ab der Höhe Treptower Park hängen Richtung Köpenick im Ein-Meter-Abstand NPD-Plakate am Straßenrand. Darauf fragen zum Beispiel zwei blonde Kinder „Zuwanderung – oder wir?“. Es ist gruselig. Der Müggelsee an sich liegt friedlich da, der Sand angenehm weich, aber das Wasser ist doch recht kühl, und mit der Restvergiftung eines Verbrecherabends sollte man noch nicht einmal einheimische Gewässer erforschen. Auf der Heimfahrt ging es dann wegen mehrerer Abbiegefehler noch mal durch Lichtenberg und Oberschöneweide, hier hatten auch die „Republikaner“ plakatiert. Als endlich die östlichen Bezirke hinter uns lagen und sich in der Schlesischen Straße das liebe Kreuzberg ohne NPD-Plakate, dafür mit seinen lebendigen Straßen und dunkelhaarigen Bewohnern auftat, atmete man erleichtert auf.
Am Freitag sollten The Killers im berühmten „Spindler & Klatt“ in der Köpenicker Straße auftreten. Ein Club, in dem bevorzugt mittelständische Unternehmer ihre professionellen Begleiterinnen ausführen, um herrlich verkommen (aber ohne Schuhe mit weißen Socken) auf den Lotterbetten in der VIP-Lounge zu lagern.
Aber es kam alles anders, das Killers-Konzert war ins E-Werk verlegt worden und sowieso ausverkauft, so musste man kurzentschlossen auf ganz Bewährtes zurückgreifen. Und in der 8mm Bar war es auch wieder so schön lebendig! Die Getränke schmeckten, es lief herrliche Musik und es waren keine Geschäftsmänner, keine Nazis, dafür aber drei Nick-Cave-Lookalikes gleichzeitig vor Ort. Was will man mehr? Und damit war ja schon das halbe Wochenende geschafft.
CHRISTIANE RÖSINGER