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arabiata: eiffeltürme im kopf von BJÖRN BLASCHKE

Ich saß auf dem Balkon, trank einen Arak und ließ den Blick über „mein“ Viertel schweifen. Da ich auf dem Dschebel Amman wohne – jenem Berg, dem Jordaniens Hauptstadt ihren Namen verdankt –, ist in weiter Ferne abends ein von Lichtern funkelndes Tal zu sehen. In meiner unmittelbaren Nachbarschaft befindet sich gleich rechts ein wild rankender, duftender Strauch Jasmin; links liegen ein paar Wohnhäuser. In der Mitte zieht sich eine stinkende Straße hin, die direkt auf die palästinensische Botschaft zuführt. „Gut“, ging es mir mit Genugtuung durch den Kopf, „sollten die Israelis eines Tages auch noch Lust auf das Ost-Jordanland verspüren, kommen sie hier als Erstes vorbei – und ich kann direkt von meinem Balkon aus berichten. Super!“ Das Ausrufezeichen hinter dem „Super“ war gerade mal hingesetzt, da machte es auch schon Klock zwischen meinen Ohren. Sofort verboten mir meine Neuronen solche Gedanken – als kriegstreiberisch, antiisraelisch, antizionistisch, antifried- und promöllemännisch – kurz: als politisch unkorrekt. Ganz schnell guckte ich woanders hin; weg von der Straße, die zur palästinensischen Botschaft führt und so undiplomatische Gedanken provozierte.

Dabei fiel mein eilig in die Ferne gerichteter Blick auf etwas, das ich bis dahin lediglich aus Paris gekannt hatte: Ganz weit unten im Tal stand der Eiffelturm. Und daneben machte ich gleich noch einen Eiffelturm aus. Zwei Eiffeltürme in Amman! War ich verrückt geworden? Hatten meine Nervenbahnen zu häufig die Straße zur palästinensischen Botschaft gekreuzt? Oder war ich gar nicht nach Jordanien gezogen, sondern nach La France? Hatte ich Arak geschlürft oder in Wirklichkeit doch Pernod? Und davon gleich so viel, dass ich den Eiffelturm sogar schon doppelt sah? Zutiefst beunruhigt ging ich zu Bett.

Am nächsten Morgen versuchte ich die Eiffeltürme noch einmal klaren Kopfes bei Tageslicht zu erspähen. Und sie waren noch immer da! Es waren sogar noch mehr geworden. Umgehend verlangte ich nach einer Erklärung. Ich schwang mich in mein Auto, bog ein in die Straße, die zur palästinensischen Botschaft führt und düste dann in Richtung Eiffeltürme runter ins Tal.

Den ersten Eiffelturm machte ich schon nach einer guten halben Stunde aus; für den zweiten brauchte ich länger. Um die Geschichte abzukürzen, fasse ich mich jetzt kurz: Die „Eiffeltürme“ entpuppten sich als etwa zehn Meter hohe Stahlkonstruktionen, die dem Wahrzeichen von Paris tatsächlich stark ähneln. Sie sind allerdings kein Symbol ausgeprägter jordanischer Frankophilie. Sie dienen vielmehr als Verlängerungen terrestrischer Fernsehantennen

Ich war enttäuscht. Wahrscheinlich ähnlich enttäuscht wie all jene unter Ihnen, die an dieser Stelle eine sprühende Pointe erwartet hatten. Aber: ist nicht; der Witz bleibt aus! Wahrscheinlich kommt noch nicht einmal Jürgen W. Möllemann an meinem Haus vorbei, auf der Straße, die zur palästinensischen Botschaft führt.

Der Autor ist Nahostkorrespondent der ARD

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