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Archiv-Artikel

an der quelle des karstadt-ruins von HARTMUT EL KURDI

Nörgelei über schlechten Service ist eigentlich ein ekliges Neue-Mitte-Phänomen: Gutverdiener, die sauer darüber sind, dass ihre Barmittel dann doch nur für die inzwischen obligatorische Putzfrau und nicht für weitere eigene Domestiken reichen, meckern über Menschen, die unterbezahlte Scheißjobs annehmen müssen und dabei verständlicherweise nicht immer bester Laune sind.

Andererseits hat sich die genetische bedingte Unfreundlichkeit der Deutschen in den vergangenen Jahren tatsächlich in solch gigantische Dimensionen hochgemendelt, dass man schon überrascht ist, wenn man bei der Deutschen Bahn zur Begrüßung nicht gleich am Schopf gepackt und mit dem Kopf auf die „Counter“kante gehauen wird. Trotzdem halte ich meist den Mund. Außer man ist nicht nur unfreundlich zu mir, sondern versucht zusätzlich, mich zur Selbsteinweisung zu bewegen. So wie es die Firma Quelle gerade tut.

Der Sachverhalt ist schnell geschildert: Wegen Kleinkindsauereien für Schweinegeld Wäschetrockner gekauft, pünktlich nach Ablauf der Garantie Heizung kaputt, Reparatur durch den Quellekundendienst „Profectis“, dooferweise selbst bezahlt, dann in regelmäßigen Abständen Heizung immer wieder kaputt, gern auch mal ein „Antriebsriemen“, daraus resultierend ständige Telefonate, Auskünfte wie „Wir kommen morgen zwischen acht und 14 Uhr“, Depressionen, Selbstmordgedanken, Massakerfantasien …

Irgendwann kann man nicht mehr und will, wenn schon keinen neuen Trockner, dann doch wenigstens eine Erklärung von einem Quelle-Verantwortlichen. Und nun versteht man, dass Kafka ein knallharter Realist war. Versucht man nämlich in der Quelle-Zentrale anzurufen, landet man in einem Callcenter und bekommt die Auskunft, man solle sich doch an „Profectis“ wenden. Da man das nicht mehr möchte, bleibt man hartnäckig, bis man den Tipp bekommt, man könne ja eine Beschwerde schriftlich nach Fürth schicken. Als Antwort erhält man nach mehreren Wochen einen Brief von einem gewissen „Ernst-Dieter Harpers“, der erläutert, „dass jedes technische Gerät das Risiko eines Defektes in sich trägt“ und da sei leider nix zu machen. Ätsche Bätsche sozusagen.

Nun steht auf dem von „Ernst-Dieter Harpers“ von der „Kundenbetreuung Fürth“ unterzeichneten Brief eine Telefonnummer, die man auch sofort anruft, um nachzufragen. Man landet – wo sonst? – in einem Call-Center in Köln. Dort ist man verständlicherweise nicht in der Lage, Herrn Harpers an die Strippe zu holen, weil der ja – sofern es ihn überhaupt gibt – gar nicht in Köln, sondern mit Kundenkontaktsperre im Fürther Bunker sitzt und auf den Untergang des Karstadt-Quelle-Konzerns wartet.

Wieder bleibt man hartnäckig, bis der junge Mann am Headset sinnlos einknickt: „Ich frag mal in der Personalabteilung.“ Zwei Minuten später: „Hier gibt’s wirklich keinen Herrn Harpers … und ich kann Sie leider nicht mit Fürth verbinden. Wir haben da gar keine Telefonnummer!“ – „Und was kann man da jetzt machen?“, fragt man erschöpft. „Nichts …“, antwortet der Callcenterboy leise. Und dann legt man auf und holt den Klappwäscheständer aus dem Keller.